Los 6041

Leypold, Carl Julius von
(1806 Dresden - 1874 Niederlößnitz)Abendstimmung in den Bergen

Ergebnis (inkl. Aufgeld) *
30.000€ (US$ 31,250)

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Aus dem Katalog
Gemälde Alter und Neuerer Meister
Auktionsdatum 28.11.2024

Lot 6041, Auction  124, Leypold, Carl Julius von, Abendstimmung in den Bergen

Abendstimmung in den Bergen mit Pilgern an einem Wegkreuz.
Öl auf Leinwand. 59,5 x 44,3 cm. Um 1832.

Die Symbolik dieses Bildes entspricht zutiefst Caspar David Friedrichs Bildauffassung. Rufen wir uns sein Gemälde „Kreuz im Gebirge“ von 1807/08, besser bekannt, als „Tetschener Altar“ ins Gedächtnis, das nicht nur als eine Ikone der Romantik gelten darf, sondern bereits zu Lebenszeiten Friedrichs den sogenannten „Ramdohrstreit“ lostrat. Veröffentlichte doch Friedrich Basilius von Ramdohr (Los 6024) kurz nach Fertigstellung des Altars einen Artikel, indem er die fehlende akademische Malweise, die Erhöhung des Landschaftsbildes zum religiösen Altarbild sowie die gesamte Romantik scharf kritisierte. Ungehindert der Kritik steht für die Maler der Romantik gerade nach der Französischen Revolution und der Besetzung durch die napoleonischen Truppen die Rückbesinnung auf das innerliche, das Gefühl, das insbesondere durch das Bild wirken soll, im Fokus.
Das Innerliche erhält in vorliegendem Gemälde Ausdruck in der abendlichen Stimmung des sich dem Ende neigenden Tages und der einkehrenden Ruhe der letzten Stunden. Die Venus als Abendstern ist bereits am Firmament des in warme Farbnuancen getauchten Himmels zu sehen. Unter ihr leuchtet hell die scharfe Sichel des zunehmenden Mondes, die bei Friedrich als Christussymbol gedeutet werden kann. Darunter schreiten zwei Pilger den steilen, mit Fichten bewachsen Berg hinauf. Am Wegrand rechts begegnet ihnen der Heiland, hoch am Kreuze wacht er mit ausgestreckten Armen über das Diesseits, die Natur und den Menschen. Ehrfürchtig in seinem Glauben kniet der vorangehende Pilger bei Christi Anblick nieder. Die Verlängerung der Fichten in den Himmel hinein können als Verweis auf Gott und seine Allmächtigkeit, die Welt hinter den Wolken, gedeutet werden. Am rechten Bildrand steht eine Birke als Frühlingsbaum, der in Friedrichs Friedhofdarstellungen immer als Hinweis auf die Auferstehung trösten soll.
Auch wenn das lückenlose Sinngefüge, wie Börsch-Supan schreibt, völlig an die Denkweise Friedrichs erinnert, ist er dennoch nicht der Maler des vorliegenden Bildes. Aber ohne die unmittelbare Nähe zu diesem und seinem Tetschener Altar ist das Gemälde nicht zu verstehen. Das Gemälde stammt von dem nur ganz unzureichenden erforschten Dresdner Malers Julius von Leypold, denn kein anderer Maler, auch nicht Carl Gustav Carus, war so eng mit Friedrichs Malweise vertraut. Von 1824 bis 1826 ist Leypold als Schüler von Johann Christian Dahl bezeugt, der seit 1823 in dem gleichen Haus wie Friedrich An der Elbe 33 wohnte und im ständigen Gedankenaustausch mit ihm stand. 1824 zeigte Leypold auf der Dresdner Akademie-Ausstellung als Nr. 535 „Eine Mondscheinlandschaft nach Friedrich“, höchst wahrscheinlich nach den „Zwei Männern in Betrachtung des Mondes“, die Friedrich Dahl geschenkt hat“ (Börsch-Supan 2024).
Werner Sumowski zeigt in seinem Aufsatz von 1971 die Verbindung der beiden auf und macht Leypold bekannt (Werner Sumowski: "Caspar David Friedrich und Carl Julius von Leypold", in: Pantheon XXIX, 1971, S. 497-504). Drei Gemälde, die zunächst Friedrich zugeschrieben waren, weist Sumowski nun Leypold zu. Sumowski argumentiert in Abgrenzung zu Friedrichs Werk mit der Darstellungsweise der Natur, wie die netzartig strukturierten Sträucher, das duftig dekorativ hingetupfte Laub oder die zart gezeichneten und stimmgabelförmigen Verästelungen der Bäume (ebd. S. 500) - Elemente die sich auch in der Naturgestaltung des vorliegendes Gemäldes wiederfinden, etwa in der Vegetation des Bodens, dessen Sträucher und Wiesenblumen, angelegt in zarten, vibrierenden Pinselstrichen und subtil getupften, farbigen Akzentpunkten der Szenerie Lebendigkeit einhauchen und auch in den vielen hängenden Fichtenästen, deren kleine Nadeln die letzten Strahlen der Sonne am zartviolett Himmel durchscheinen lassen.
„Einzigartig - und auch von Friedrich selbst so nicht erstrebt“, so beschreibt es auch Börsch-Supan „ist die Präzision der Details in großer Nähe und in weiter Ferne“. Börsch-Supan datiert das hier vorliegende Bild um 1832, „in die Zeit, in der Friedrich das ‚Große Gehege‘ oder wie die Unterschrift eines Reproduktionsstiches lautet 'Abend an der Elbe' malte, sein bedeutendstes Bild von unauslotbarer Tiefe des Gedankens. Die Sonne ist untergegangen, aber am Himmel zeigen sich noch die zarten, aufsteigenden Wolkenstreifen, die Leypold in seinem Gemälde gleichsam zitiert. Zu erklären ist die Stimmung nur als ein erlöstes Aufatmen nach dem Ende der zerstörenden Unruhen von 1830 und 1831, als Friedrich seine Verhaftung fürchten musste. Dass Leypold diesen Stimmungsumschwung mitvollzogen hat, ist anzunehmen und kommt nicht zuletzt in der sakralen Bildform mit halbrundem oberem Abschluss zum Ausdruck.“ (Börsch-Supan 2024).
Im Geiste so sehr Friedrich verwandt, können dessen Worte zur religiösen Bedeutung der Landschaft hinter der sichtbaren Naturdarstellung aus einem Brief an einen Freund auf unser Gemälde übertragen werden: "Wohl ist es beabsichtigt, dass Jesus Christus, ans Holz geheftet, hier der sinkenden Sonne zugekehrt ist, als das Bild des ewigen allbelebenden Vaters. Es starb mit Jesu Lehre eine alte Welt, die Zeit, wo Gott der Vater unmittelbar wandelte auf Erden; […] Diese Sonne sank, und die Erde vermochte nicht mehr zu fassen das scheidende Licht. Da leuchtet, vom reinsten edelsten Metall der Heiland am Kreuz, im Gold des Abendroths, und wiederstrahlet so im gemilderten Glanz auf Erden. Auf einem Felsen steht aufgerichtet das Kreuz, unerschütterlich fest, wie unser Glauben an Jesu Christum. Immer grün durch alle Zeiten während stehen die Tannen ums Kreuz, gleich unsere Hoffnung auf ihn, den Gekreuzigten“ (C. D. Friedrich, Die Briefe, hrsg. und kommentiert von Herrmann Zschoche, Hamburg 2006, S. 53). - Das Gutachten von Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin vom 27. Juli 2024 liegt im Original vor.

Provenienz: Privatsammlung, Ahrenshoop.
Seit den 1960er Jahren Privatsammlung, Niedersachsen.

Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.

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