Los 6202
Hirémy-Hirschl, Adolf
(1860 Temesvar - 1933 Rom)Harpyie in der Sturmnacht
Schätzung
28.000€ (US$ 31,111)
Abgabe von Vorgeboten möglich
Harpyie in der Sturmnacht.
Öl auf Leinwand, alt randdoubliert. 70 x 35,5 cm. Wohl um 1892-1895.
In den frühen 1890er Jahren wird das Meer zum bestimmenden Moment im Werk von Adolf Hirémy-Hirschl. Nicht nur der starke Eindruck der Kunst Arnold Böcklins kommt darin zur Geltung, sondern das Meer selbst wird dem Künstler, einem ausgezeichneten Schwimmer, zu einem unvergleichlichen Naturerlebnis. Hirémy-Hirschl verbrachte die Sommer sowohl an der istrischen und dalmatinischen Küste, als auch an französischen und englischen Stränden. Zahlreiche, von seiner Geliebten mit "Isa Schön Ruston" signierte Fotos zeigen Felsküsten, die Brandung und aus dem Wasser ragende Felsen. Neben Öl- und Pastellstudien dienten diese Fotos dem Maler als Arbeitsmaterial. "Das Naturerlebnis einerseits und der Eindruck von Böcklins Kunst andererseits reichen jedoch nicht aus, um das Gewicht des Meeres im Oeuvre Hirémy-Hirschls zu begründen. Mehr noch wurde das Meer zu einem Grundmythos des sich in rapider Veränderung von der Natur entfernenden Industriezeitalters: die Natur in ihrer mächtigsten Ausprägung, in ständiger Veränderung sich ewig gleich." (Adolf Hirémy Hirschl. Disegni, Acquerelli e Pastelli, Kat. Galleria Carlo Virgilio, Rom 1981/82, S. 31). Mit "Prometheus und die Undinen", einem verschollenen und nur durch ein Foto dokumentierten Gemälde aus dem Jahr 1892, berührt Hirémy-Hirschl erstmals den Themenkreis des Meeres. Das Gemälde zeigt die Undinen in der schäumenden Gischt vor einem Felsen, auf den Prometheus geschmiedet ist, von hinten nähert sich der Adler, von dem lediglich die aufgespannten Schwingen zu sehen sind. Verschiedene, auch vom Prometheus-Gemälde teils stark abweichende Skizzen des Künstlers lassen erkennen, dass es sich hier um einen ganzen Themenkomplex handelte, der nicht nur in dieses eine Werk mündete, sondern dass gleichzeitig auch die Realisierung verwandter Bildideen verfolgt wurde. In dem bereits zitierten Ausstellungskatalog der Galleria Carlo Virgilio findet sich unter der Nummer 36 eine Kreidezeichnung, die dort als Vorstudie zu Prometheus beschrieben wird. Tatsächlich handelt es sich dabei aber nicht um eine Studie zu Prometheus, sondern zu unserer Komposition mit der Harpyie in der Brandung, die dem Autor damals nicht bekannt war. Auf dem schmalen Hochformat der Skizze nehmen mächtige Felsen mit einer knienden Figur und teils leblosen Körpern den Vordergrund ein. Dahinter segeln zwei mächtige Vögel im Sturmwind, während auf einem Felsplateau oberhalb der Brandung eine Figur mit ausgebreiteten Flügeln kauert. In unserem in Öl ausgeführten Werk ist diese Figur nun eindeutig als eine Harpyie erkennbar: ein weibliches Mischwesen mit wilden roten Haaren und mächtigen Schwingen. Die Harpyien, Töchter des Meerestitanen Thaumas und der Okeanide Elektra, verkörpern die Sturmwinde. Sie sind schnell wie der Wind und unverwundbar. In der griechischen Mythologie werden sie teils als schöne Frauen mit gelocktem Haar und Vogelflügeln beschrieben, später sind sie hässliche hellhaarige Dämonen, die auf Kreta in einer Höhle hausen. Auf Geheiß des Zeus tragen sie Seelen von Toten in den Tartaros oder töten Sterbliche. Die Harpyie auf unserem Werk befindet sich im Auge des Sturms an einer von der Brandung umtosten Küste. Vor dem Felsen liegen ihre Opfer, ein weiteres Wesen scheint um Gnade zu flehen. Der nur schemenhaft erkennbare Vogel könnte als eine weitere Harpyie im Flug gedeutet werden. Mit diesem enigmatischen Thema schafft Hirémy-Hirschl seinen eigenen dunklen Kosmos, der über die elegischen Meeresdarstellungen Böcklins hinaus in eine andere Welt weist.
Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.
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