Los 6027

Rottmayr, Johann Michael
(1654 Laufen - 1730 Wien)Jupiter und Callisto

Schätzung
45.000€ (US$ 50,000)

Abgabe von Vorgeboten möglich

Los 6027 - Rottmayr, Johann Michael - Jupiter und Callisto - 0 - thumbLos 6027 - Rottmayr, Johann Michael - Jupiter und Callisto - 1 - thumbLos 6027 - Rottmayr, Johann Michael - Jupiter und Callisto - 2 - thumbExtragroße Abbildung

Lot 6027, Auction  125, Rottmayr, Johann Michael, Jupiter und Callisto

Jupiter und Callisto.
Öl auf Leinwand, doubliert. 95 x 129 cm. Unten rechts signiert und datiert "Rottmayr v. Rosenbrunn / 1707".

Das eindrucksvolle Gemälde des österreichischen Barockmeisters Johann Michael Rottmayr fängt mit meisterhafter Dramatik die mythologische Begegnung zwischen Jupiter und Callisto ein. In einem Spiel aus leuchtenden Farben und kraftvollem Chiaroscuro entfaltet sich eine Szene voller Spannung und Sinnlichkeit: Der göttliche Herrscher, mit Krone und königlicher Autorität, nähert sich der anmutigen Callisto, die, halb entkleidet und in zögerlicher Haltung, auf kostbarem blauem Stoff ruht. Der majestätische Adler als Attribut Jupiters sowie die schelmischen Putten im Hintergrund verstärken die theatralische Wirkung. Solche mythologischen Darstellungen dienten in der Barockzeit nicht nur als Sinnbilder göttlicher Macht und menschlichen Schicksals, sondern wurden auch als prachtvolle Allegorien für die Wanddekoration in den großen Palästen des europäischen Adels in Auftrag gegeben.
Als unser Werk 1707 entsteht, befindet sich Rottmayr auf dem Zenit seiner künstlerischen Laufbahn. Bereits 1698 verlegt er seinen Lebensmittelpunkt von Salzburg nach Wien, das zu dieser Zeit als kulturelles, politisches und künstlerisches Zentrum der Habsburgermonarchie fungiert. Rottmayr genießt zu diesem Zeitpunkt höchstes Ansehen und ist weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Den Status eines bürgerlichen Malers überwindet er endgültig, als ihm mit kaiserlichem Dekret vom 21. Juli 1704 das Adelsprädikat „von Rosenbrunn“ mitsamt eigenem Wappen verliehen wird.
War Rottmayr nach dreizehn Jahren in Venedig - während seiner Ausbildung bei Johann Carl Loth - sowie nach der Rückkehr in seine Heimatstadt Salzburg noch den Einflüssen seines Meisters und der Maler des Seicento verpflichtet, so entwickelt er in seiner Wiener Zeit eine noch individuellere Bildsprache. Die prägende Entwicklungsphase des Barocks ist zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen, doch Rottmayrs zwischen 1700 und 1708 entstandene Werke reflektieren in besonderem Maße die optimistische Grundstimmung der Wiener Barockkunst. In dieser Phase, so konstatiert Hubala, emanzipiert sich Rottmayr vollständig von seinen früheren Vorbildern: „Er ist jetzt der Maler, der triumphiert, mehr und auch anders als zuvor, dem sich die Zunge vollends zu lösen scheint, der in klangvoller, genau abgestufter Freiheit koloristischen Schmeichelns, Leuchtens und Prunkens schwelgt und der imstande ist, altbekannten Kunstgriffen einen ganz neuen und echten Gefühlston abzunötigen […]“ (Hubala, S. 33).
Ein Beispiel für diesen stilistischen Wandel bietet - im Vergleich zu früheren Werken, wie etwa „Tarquinius und Lukretia“ (1692, Belvedere Wien, Inv. 3808; Hubala G 201, Abb. 31) - das deutlich weichere Modellieren der Körperformen sowie der zunehmend luftigere Kolorismus. Diese Elemente lösen sich von der Ästhetik seines Lehrers Loth und stehen vielmehr in der Tradition der Malerei und Figurenauffassung eines Peter Paul Rubens sowie Jan van Dycks.
Dieser Wandel lässt sich bereits in dem ein Jahr vor unserem Gemälde datierten Werk „Kephalus und Prokris“ beobachten (Museum Wien, Inv. 42754; Hubala G4, Abb. 147-148; siehe eine weitere Version, ebenfalls 1706 datiert: Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München, Inv. 10717; Hubala G191, Abb. 149). Dieses Gemälde weist sowohl in seiner Bildauffassung als auch in der durch ein subtiles Sfumato geprägten Malweise enge Parallelen zu unserem Werk auf. In formalen Details, etwa in der Gestaltung von Ohrringen und dem goldenen Armreif, lassen sich zudem deutliche Übereinstimmungen feststellen - trotz unterschiedlicher Formatverhältnisse. Dass Rottmayr gleiche Figuren leicht abgewandelt, in denselben Posen und mit ähnlichem Körpertypus mehrfach verwendet, ist in seinem Œuvre häufiger zu beobachten.
In kompositorischer und thematischer Hinsicht rekurriert unser Gemälde auf einen zwischen 1696 und 1704 entstandenen Werkzyklus mit Darstellungen antiker Göttergestalten. Diese Werkgruppe, die in den ersten Salzburger Jahren des Künstlers entsteht, umfasst eine Serie profaner Historienbilder mit mythologischem Sujet, die deutliche Anklänge an die Malweise Carl Loths erkennen lassen. Die fünf zu dieser Gruppe gehörenden Gemälde (Öl auf Leinwand, je ca. 81,3 × 125,2 cm, Art Institute of Chicago, Inv. 1961.37-41; Maser 1979, S. 1-5; Hubala 1981, S. 182), möglicherweise als Supraporten konzipiert, antizipieren sowohl das große Querformat als auch die diagonal angelegte Figurenkomposition sowie die virtuose Verkürzung der Körperformen, wie sie auch in unserem Werk evident sind. Rottmayr übernimmt zudem aus dem Gemälde „Jupiter besiegt mit seinen Blitzen die rebellierenden Giganten“ (Art Institute of Chicago, Inv. 1961.41) ikonografische und formale Elemente: Der physiognomische Typus Jupiters, seine Krone sowie das Attribut des Adlers finden hier eine direkte Entsprechung.
Das auf dem Höhepunkt von Rottmayrs künstlerischer Karriere entstandene Werk ist eine bedeutende Neuentdeckung und stellt eine wesentliche Ergänzung zu dessen malerischen Œuvre dar. Das Gemälde ist ein herausragendes Zeugnis der Wiener Barockmalerei und fügt sich nahtlos in Rottmayrs zentrales Schaffensjahrzehnt zwischen 1698 und 1708 ein.

Literatur: Vgl. Franz Glück: „Funde bedeutender Kunstwerke im Historischen Museum in Wien“, in: Alte und Moderne Kunst IV, 1959, Heft 4, S. 4-5.
Vgl. Edward E. Maser: „Fünf frühe Gemälde des Johann Michael Rottmayr“, in: Alte und Moderne Kunst XXIV, 1979, Heft 162, S. 1-5.
Vgl. Erich Hubala: Johann Michael Rottmayr. Herold, Wien u. a. 1981.

Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.


Galerie Bassenge
Erdener Str. 5A
14193 Berlin

Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag, 10–18 Uhr,
Freitag, 10–16 Uhr

Telefon: +49 30 8938029-0
Fax: +49 30 8918025
E-Mail: info (at) bassenge.com

Impressum
Datenschutzerklärung
© 2024 Galerie Gerda Bassenge


Galerie Bassenge
Erdener Str. 5A
14193 Berlin

Öffnungszeiten:
Montag bis Donnerstag, 10–18 Uhr,
Freitag, 10–16 Uhr

Telefon: +49 30 8938029-0
Fax: +49 30 8918025
E-Mail: info (at) bassenge.com

Impressum
Datenschutzerklärung
© 2022 Galerie Gerda Bassenge