Los 6175

Lipinsky, Sigmund
(1873 Graudenz - 1940 Rom)Circe

Schätzung
60.000€ (US$ 64,516)

Abgabe von Vorgeboten möglich

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Aus dem Katalog
Gemälde Alter und Neuerer Meister
Auktionsdatum 28.11.2024

Lot 6175, Auction  124, Lipinsky, Sigmund, Circe

Circe.
Öl und Tempera auf Leinwand. 144,5 x 198 cm. Unten rechts bezeichnet "unvollendet". Um 1904.

Das monumentale Gemälde Circe, das aus dem Nachlass des Künstlers stammt und sich bis jetzt immer Besitz der Nachfahren Lipinskys befand, wird erstmalig auf einer Auktion angeboten. Die suggestive Darstellung mit der mythischen Zauberin markiert den Höhepunkt im malerischen Schaffen Lipinskys. Der Künstler kam als vielversprechendes Talent der Berliner Akademie, wo er unter Anton von Werner studiert hatte, 1902 mit einem dreijährigen Stipendium nach Rom. Er ließ sich dauerhaft in der Stadt nieder und fand schnell Anschluss an den deutschrömischen Künstlerkreis, insbesondere an Otto Greiner und Max Klinger. Unter Hinwendung zum Symbolismus und unter Einfluss der Antike, suchte er fortan zunehmend Motive aus der Mythologie.
Die ersten Jahre nach seiner Ankunft bis 1913 arbeitete Lipinsky in einem Atelier der Villa der Kunstmäzenen Strohl-Fern. Ein Foto aus dem Jahr 1904 zeigt ihn in seinem Studio vor der großen Leinwand der Circe (Vergleichsabb.). Die Zauberin steht auf einer bewaldeten Klippe ihrer Insel Aiaia und beobachtet durch das Geäst das herannahende Schiff des Odysseus. Der griechische Held bleibt eine Randerscheinung, da der mythologische Stoff vordergründig Anlass bietet, um den während des Fin de Siècle allgegenwärtigen Topos der anziehenden wie gefährlichen femme fatale zu inszenieren. Die schöne, hinterhältige Circe, die Männer in Tiere verwandelt, war hierfür die ideale Projektionsfläche. Ihre Figur beansprucht aktähnlich, in Frontalansicht den Bildmittelpunkt. Zwei schwarze Panther umschmeicheln sie sinnlich; ihr Körper wird sowohl farblich als auch kompositorisch von einem wehenden roten Tuch hinterfangen. Bedrohung strahlen sowohl das emporgehobene Gefäß mit dem unheilbringenden Zaubertrunk als auch ihr stechende Blick aus. Circes Profil erinnert mit den kunstvoll gesteckten, roten Haaren an Franz von Stucks später entstandene Tilla Durieux als Circe (1912), wobei Lipinsky bei der Verschmelzung von Gefahr und Erotik auf eine idealisierte Klassizität der Formen und kompositorische Harmonie setzt.
Zum Zeitpunkt der Entstehung des Gemäldes war Lipinsky noch Stipendiat. Das repräsentative Großformat und der aufwendige Rahmen zeugen von seinem Ehrgeiz und dem Anspruch, den Erwartungen der Berliner Akademiekollegen gerecht zu werden. Wahrscheinlich führte sein Entschluss, in Rom zu bleiben, dazu, dass das ambitionierte Werk unvollendet blieb. In Rom entdeckte er nämlich die Technik der Radierung für sich, der er sich schließlich fast ausschließlich widmete. Linien, Konturen und ein genaues Modellstudium sind bereits in vorliegendem Werk bestimmend. Die Aufgabe der Circe kann also als Lipinskys erster Schritt in Richtung des sukzessiven Abkehr vom Gebiet der Malerei zugunsten der Grafik interpretiert werden.

Provenienz: Aus dem Nachlass des Künstlers.

Ausstellung: Hamburg, Hamburger Kunsthalle: Femme Fatale. Blick - Macht - Gender. 9. Dezember 2022-10. April 2023.

Literatur: Ausst. Kat. Femme Fatale. Blick - Macht - Gender, Hrsg. Markus Bertsch, Hamburg 2022, S. 165, Kat. 90 mit ganzseitiger Abb.

Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.


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