Los 6002

Flämisch - Schule
um 1560/80. Die Beweinung Christi

Ergebnis (inkl. Aufgeld) *
42.160€ (US$ 44,851)

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Aus dem Katalog
Gemälde Alter und Neuerer Meister
Auktionsdatum 30.11.2023

Lot 6002, Auction  122, Flämisch - Schule, um 1560/80. Die Beweinung Christi

um 1560/80. Die Beweinung Christi.
Öl auf Holz, parkettiert. 106 x 82 cm.

Die jüngst in Berlin gezeigte Überblicksschau von Hugo van der Goes vereinte erstmals bis auf wenige Ausnahmen das überlieferte Gesamtwerk dieses herausragenden Großmeisters altflämischer Kunst. Darunter auch ein Leinwandfragment, das die trauernde Jungfrau und Johannes den Evangelisten zeigt. Dieses Tüchlein ist alles, was von van der Goes vielleicht erfolgreichster Bildfindung geblieben ist - der um 1475/77 entstandenen „Beweinung Christi“, auch als „Große Kreuzabnahme“ bekannt. Es zeigte in großer Nähe zu den Betrachtern herangerückt die Jungfrau, Johannes und Maria Magdalena als Halbfiguren, dicht versammelt um den leblosen Leib Christi, der von Josef von Arimathäa und Nikodemus gehalten wurde.
Wie sehr die innovative Form des erzählenden Halbfigurenbildes van der Goes‘ Zeitgenossen und nachfolgende Generationen beeinflusste, beweist die Vielzahl an Kopien, die bis ins 17. Jahrhundert entstanden. Zu den frühesten und exaktesten gehören jene in Amsterdamer Rijksmuseum und im Museo di Capodimonte in Neapel. Sie sind es auch, die es erlauben nachzuvollziehen, dass unser Künstler weniger eine akribische Wiederholung des verlorenen Meisterwerks anstrebte, sondern vielmehr eine eigenständige Adaption mit zahlreichen Abweichungen schuf. So weitete er den Bildraum nach oben aus, ergänzte ihn um den Kreuzstamm und eine daran angelehnte Leiter und ersetzte den monochromen Goldgrund durch einen Landschaftsausschnitt. Im Vordergrund ist die Figurengruppe wie in der Ur-Komposition auf engstem Raum verdichtet, wird allerdings um eine sechste Person ergänzt: Am rechten Bildrand hinter Maria Magdalena steht eine junge Frau, die mit ihrer Haartracht und dem Kleid aus dem 16. Jahrhundert auffällig mit den altertümlich gewandten Protagonisten kontrastiert. Es dürfte sich dabei um eine Stifterfigur handeln, deren männliches Pendant vermutlich mit Josef gleichzusetzten ist, der Christus‘ Schultern stützt. Anders bei van der Goes und den meisten Kopien ist Josef nämlich nicht als Greis mit spitzem Gesicht und eingefallenen Wangen dargestellt, sondern auffallend porträtähnlich als ein Mann mittleren Alters mit fülligen Zügen und leichtem Doppelkinn. Besonders an diesem realitätsnah wirkenden Gesicht tritt das treffsichere Können des Malers zutage, der das Bild in weichem, samtigem Duktus aufbaute. Im Zuge des Übersetzungsprozesses verlieh er der Szene idealisierende Elemente, vor allem die Gesichter sind runder und weniger herb in den Zügen. Auch Christus' Körper ist nicht ausgemergelt und aus seinen Wunden tritt kein Blut.
Der vielleicht größte Unterschied zum spätgotischen Werk liegt jedoch in der Art der Interaktion der Figuren mit dem Betrachter. Bei dem älteren Prototyp war es das von ausdrucksstarker Trauer gezeichnete Mienen- und Gestenspiel, das an die Emotionen der gläubigen Betrachter appellierte. Die scheinbare Beziehungslosigkeit der Anwesenden untereinander veranschaulichte zudem die Einsamkeit der Leiderfahrung. In unserer Arbeit blicken dagegen die Stifterin und der hl. Johannes uns in die Augen; die Kontaktaufnahme und Einladung zur Versenkung sind also direkt und unmittelbar. Weitere Änderungen nahm der Künstler auch bei den Farben und der Gestaltung der Kleidung vor. So tragen Josef (bzw. der Stifter) und Johannes keine dunklen Stoffe, sondern leuchtendes Rot und Nikodemus‘ Kostüm mutet durch das Hinzufügen eines hohen Turbans gar orientalisierend an. Zusammenfassend eignet sich der Maler in einem bemerkenswerten Akt der künstlerischen Zitation das berühmte Vorbild an, passt es an den Zeitgeschmack an und wandelt es souverän im Hinblick auf die Funktion als Stifterbild ab.

Provenienz: Sammlung Marie Dauw-de Bruyn, Schloss Relst, Campenhout, Belgien.
Sammlung Geneviève van den Eynde, Löwen.
Durch Erbgang an Eliane Claikens, Brüssel und deren Erben.
Privatsammlung Deutschland.

Ausstellung: 1907, Exposition provinciale du Limbourg à Saint-Trond, Palais de l'Art Ancien, Nr. 83 (als "Jan van Scorel").

Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.

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