Los 5086
Dürer, Albrecht
(1471-1528, Nürnberg)Die Melencolia
Schätzung
80.000€ (US$ 85,106)
Abgabe von Vorgeboten möglich
Aus dem Katalog
Druckgraphik des 15. bis 19. Jahrhunderts
Auktionsdatum 29.11.2023
Die Melancholie (Melencolia I). Kupferstich. 23,6 x 18,6 cm. 1514. B. 74, Meder 75 II, mit der Richtigstellung der Ziffer 9, vor dem Ritz auf der Kugel, e (von f).
Vorliegender Kupferstich entstand als letzter der drei sogenannten "Meisterstiche", die Dürer in den Jahren 1513 und 1514 entwarf und die innerhalb des druckgraphischen Œuvres als unübertroffene Höhepunkte gelten.
Rechts auf einer Steinbank sitzt die weibliche, bildbestimmende Figur. Sie trägt einen Blätterkranz auf dem Haupt und hat Engelsflügel. Den Ellenbogen auf ihr Bein gestützt, legt sie den Kopf nachdenklich in die linke Hand - ein seit dem Altertum geprägter Topos für Schwermut und Trauer, die Personifikation der Melancholie. Das fledermausähnliche Wesen mit aufgerissenem Maul im oberen linken Rand verweist mit dem Titulus „Melencolia I“ auf den Sinngehalt des Kupferstichs. Einhellig geht man davon aus, dass es sich um eine allegorische Darstellung einer der vier menschlichen Temperamente handelt, dem seit der Antike entwickelten Schema der Humoralpathologie folgend (vgl. Schoch/Mende/Scherbaum 2002, Bd. I, S. 180). Aus der antiken Vier-Säftelehre, nach deren Verständnis das Mischverhältnis der vier Körpersäfte Blut (sanguis), Schleim (phlegma), gelbe Galle (chole) und schwarze Galle (melaina) die Befindlichkeit eines jeden Menschen bestimmt, entwickelte sich die Idee der vier menschlichen Grundtypen mit stereotypen Charaktereigenschaften: Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker. Auch zu Dürers Zeit war die Vorstellung dieser vier Grundtypen verbreitet; wurde der Sanguiniker gemeinhin als heiter betrachtet, so wurde der Melancholiker als dessen durchaus negatives Gegenbild definiert. Angestoßen durch eine Passage in Aristoteles „Problemata“, die durch neoplatonische Philosophen zunächst in Italien Verbreitung fand, besteht Dürers epochale Leistung vor allem darin, für die europäische Bildtradition dieses mittelalterliche Schema der Komplexionen durch eine neue Sicht auf das melancholische Temperament abgelöst zu haben; es wurde in der Folge mit intellektueller Kreativität in Verbindung gebracht. Melancholie und Genialität bedingten sich nun wechselseitig. Dürers geflügelte Gestalt wird somit zu einer Allegorie der künstlerischen Melancholie. Vielleicht nicht zu Unrecht sehen einige Forscher deshalb in dem Kupferstich ein „verstecktes Selbstbildnis" des Künstlers, denn Dürer waren die Leiden des Melancholikers wohl nicht fremd: grundlose Traurigkeit und Weltfurcht - um nur eine der vielen Deutungen aufzugreifen (vgl. op. cit. S. 183).
Das bedeutende Hauptblatt Dürers in einem zweiten Zustand mit der Richtigstellung der Ziffer 9 auf der magischen Tafel, bereits mit dem nur schwer zu identifizierenden Querritz am Ende des Kometen. Ganz ausgezeichneter, harmonischer und mit den differenziert gedruckten Valeurs eine silbrig schimmernde Wirkung erzielender Abzug. Teils mit den Spuren eines Rändchens um die Einfassungslinie. Nur unbedeutend angestaubt, entlang des oberen Randes nahezu unsichtbare Federergänzungen, links im äußeren Rand nahe des Feuertopfes sehr sorgsame und unmerkliche Ausbesserung, sonst vorzügliches Exemplar.
Aus der Sammlung David Bernhard Hausmann, Hannover (Lugt 377) sowie aus dem Nachlass Dr. Bernhard Sprengel, Hannover.
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