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Lot 2061, Auction  111, Huch, Ricarda, Signiertes Gedichtmanuskript

Huch, Ricarda
Signiertes Gedichtmanuskript
Los 2061

Zuschlag
900€ (US$ 968)

Details

Huch, Ricarda, Schriftstellerin, Dichterin und Historikerin, 1892 als eine der ersten Frauen in der Schweiz promoviert (1864-1947). Eigh. Gedichtmanuskipt m. U. "Ricarda Huch". 11/2 S. Gr. 8vo. (Zürich um 1890?).
Unbetiteltes, wohl sehr frühes Liebesgedicht von 26 Zeilen, worin die Dichterin das Gesicht des Geliebten einem Buch gleichsetzt. "In das Feuer wünsch ich meine Bücher, / Alle Bücher samt dem Bücherschranke! / Nur ein einz'ges Buch möcht ich studiren, / Ein lebend'ges, ewig wechselvolles. / O du Räthselangesicht, geliebtes, / Grundriss aller meiner Wissenschaften ... Hätt ich nur das Buch noch, das ich meine, / Würd ich Doktor bald & bald Magister ... Doch Examinator ist die Liebe, / Und der Doktorhut ist voller Rosen". - 1892 wurde Ricarda Huch als eine der ersten Frauen in Zürich promoviert. - Die Verse sind - etwas abweichend - unter den "Gedichten an Richard" gedruckt, d. h. an ihren Schwager Richard Huch gerichtet, mit dem Ricarda später (1907-1911) in - letztlich unglücklicher - Ehe verbunden war. - Die Unterschrift hat sie nachträglich mit abweichender Tinte hinzugefügt. - Knickfalten.

Huelsenbeck, Richard
Eigenh. Postkarte m. U. "Dad".
Los 2062

Zuschlag
280€ (US$ 301)

Details

Huelsenbeck, Richard, Schriftsteller, Arzt und Gründer der Berliner Dada-Gruppe (1892-1974). Eigh. Postkarte m. U. "Dad". 1/2 S. Frankfurt am Main 14.VIII.1953.
Bildpostkarte mit der schindelgedeckten Lindenapotheke im Luftkurort Frankenau, die Huelsenbeck eigenhändig bezeichnet "Geburtshaus von Richard Huelsenbeck". Er schreibt an seinen Sohn Thomas Hulbeck in New York: "Dear Tom, this is the place I was born in. I saw it today. People know my name, they treated me nicely. I shall tell you all about it after my return. Tomorrow Zurich. Hope you and mother feel well. Love Dad". - Im Jahre 1936 war Huelsenbeck nach New York ins amerikanische Exil gegangen, wo er seinen Namen in "Charles R. Hulbeck" änderte und vor allem als Psychiater sein Geld verdiente.

Lot 2063, Auction  111, Jean Paul, Brief 1823

Jean Paul
Brief 1823
Los 2063

Zuschlag
3.800€ (US$ 4,086)

Details

"sich und Kleinigkeiten belächelnd"
Jean Paul (d. i. Jean Paul Friedrich Richter), Schriftsteller (1763-1825). Eigh. Brief m. U. "Jean Paul Fr. Richter" sowie Adresse und Siegelrest. 2 S. 8vo. Bayreuth 3.VI.1823.
An den enorm produktiven Schriftsteller Friedrich Laun (d. i. Fr. August Schulze) in Dresden, der dem Dichter eines seiner neuesten Bücher mit der Bitte um ein Urteil gesandt hatte. Dieser entschuldigt sich für die Verzögerung seines "per Einschluß" verschickten Dankes, "der blos auf eine briefliche Reisegesellschaft wartete. In Ihrem Buche sind viele komische Stellen und Stellungen, und auf dem ersten Bogen die meisten. Was ich aber mit meinem Wunsche komischer Darstellung meinte, war, daß Sie in jenes frühere Gebiet der Laune zurück kehrten, worin Sie zuerst auftraten, und wo der Autor (wie z. B. Anton Wall [d. i. Christian Leberecht Heyne] in seinen Vorreden u. [Laurence] Sterne in der Kastaniengeschichte) sich u. Kleinigkeiten spielend und belächelnd groß darstellt. Da die Laune, ungleich andern Kräften, gerade mit den Jahren wächst: so müßt' Ihnen, dächt' ich, die Wiedereroberung jenes launigen Gebiets recht leicht werden. - Übrigens wäre Ihren komischen Charakteren, so wie Hof[f]manns schauerlichen, mehr organische Festigkeit zu wünschen. - Nehmen Sie sich nur mehr Zeit als Papier, anstatt daß meisten jetzigen Schriftsteller es umkehren und leichter und schneller Bände, als ich Bogen füllen ...". - Auf der leeren 3. Seite eine Notiz des Empfängers: "Beantwortet am 25. Aug. 23 und dabei den Roman Die Lufschlösser gesendet und den neuen zugesagt." - Jean Pauls gute Ratschläge, die auf seinem eigenen Stil fußen, waren bei Laun an der richtigen Stelle: Allein im Jahr des vorliegenden Briefes erschienen 8 Romane und Erzählbände des Schnellschreibers Laun. - Schöner Brief, in dem der Dichter Vorbilder und Grundprinzipien des eigenen Schaffens verrät.

Jünger, Ernst
Postkarte 1948
Los 2064

Zuschlag
180€ (US$ 194)

Details

Jünger, Ernst, einer der meistdekorierten dt. Schriftsteller des 20. Jhdts (1895-1998). Eigh. Postkarte m. U. "Ernst Jünger". 1 S. Kirchhorst 8.III.1948.
Verabredung mit einem Vertreter des Hamburger "Strom-Verlags". "... Bleiben wir also beim 16. März. Bitte schreiben Sie mir, wann ich Sie erwarten kann ...". - Eine Zusammenarbeit mit dem Verlag kam wohl nicht zustande. - Auf grauem Nachkriegs-Papier.

Lot 2066, Auction  111, Kerner, Justinus, 4 Gedichtmanuskripte + 1 Brief

Kerner, Justinus
4 Gedichtmanuskripte + 1 Brief
Los 2066

Zuschlag
2.200€ (US$ 2,366)

Details

Kerner, Justinus, Arzt und Dichter (1786-1862). 4 eigh. Gedicht-Manuskripte mit Namenszug "Justinus Kerner" über dem ersten sowie 1 eigh. Begleitbrief m. U. "J Kerner" und Adresse. Zus. 5 S. 4to. (Weinsberg) 26.IV.1851.
Sammlung von 4 eigenhändigen Gedichten, zum Abdruck im Cottaschen "Morgenblatt für gebildete Stände" bestimmt und begleitet von einem Brief an Kerners Freund, den Bibliothekar und langjährigen "Morgenblatt"-Redakteur Hermann Hauff (1800-1865) in Stuttgart. "Bester Hermann! ich sende dir hier Verse für's Morgenblatt. Kannst du sie gebrauchen, ist es mir lieb. Ich glaube du könntest sie in ein Blatt bringen. Die Gedichte sind ja sehr klein. Ich war kürzl. in Stuttgart; meine Frau traf deine liebe Tochter, aber ich konnte dich dießmal nicht aufsuchen, denn ich hatte unsäglich viele Gänge, meistens auch wegen Theobald [Justinus Kerners Sohn] ...". - Das erste Gedicht, mit der Gesamt-Überschrift "Verse von Justinus Kerner" setzt den schmerzlich-leidenschaftlichen Gedichtzyklus "An Sie im Alter" fort, enthält 5 vierzeilige Strophen und beginnt: "Wohl ward schon Manches mir genommen / Das ich gelockt vor's Augenlicht, / Doch Eines ist noch nicht gekommen / Und bete, daß diß komme nicht. - Diß ist, o Herz! vor mir Dein Sterben! / Wie könnt' mich halten noch die Welt? / Ich müßte wie ein Baum verderben / Dem man die Wurzel halb gefällt ...". - Das Gedicht nimmt die Motive und Bilder aus "An Sie im Alter" Nr. 4 und 5 wieder auf, das Augenlicht und den zerspaltenen Baum, und zeigt, wie die Gedanken um Verlust und Einsamkeit im Alter immer wieder das Gemüt des 65jährigen bewegen. - Das zweite, sehr viel bekanntere Gedicht ist überschrieben: "In das Album eines jungen Mädchens", besteht aus 3 vierzeiligen Strophen und beginnt: "Lass mit Augen die halb blind / Mich in dein Gedenkbuch schreiben: / Bitte Gott, mein liebes Kind! / Lange noch ein Kind zu bleiben. - Zähle dich noch lange nicht / zu den Fräulein und den Frauen, / Eine Frühlingsblüthe licht / Sey noch lange anzuschauen! ...". - Das dritte Gedicht, der Vierzeiler "Die Todesstrafe", lautet: "Die Todesstrafe habt ihr abgeschafft / Doch die Natur hält sie in alter Kraft. / Der Todt verbleibt und härter sterben müßen / Wir meistens als durch Köpfen und Erschießen." - Auch das letzte Gedicht, betitelt "Der Grundton der Natur", ist ein Vierzeiler und lautet: "Oft hör ich, geh ich einsam auf der Flur / Leis einen Ton unnennbar tiefer Klage, / Und wenn ich dann erstaunt, was tönt so? frage, / Lacht's laut: das ist der Grundton der Natur!" - Durch den Begleitbrief vereinigte, beachtliche Sammlung von Altersgedichten Kerners, die seine durch mancherlei Umstände wie den zunehmenden Verlust des Augenlichts in diesen Jahren öfter eingetretene depressive Grundstimmung spiegeln.

Kind, Friedrich
Brief an August Apel
Los 2070

Zuschlag
180€ (US$ 194)

Details

Kind, Friedrich, der Librettist von Webers "Freischütz", Dramatiker, Lyriker und Taschenbuch-Herausgeber, Mitglied des Dresdener Liederkreises (1768-1843). Eigh. Brief m. U. "J F Kind" sowie Adresse und Lacksiegel. 3 S. 4to. Dresden 21.III.1807.
An seinen "lieben Freund" August Apel (1771-1816), den er während seiner Ausbildung an der Thomasschule in Leipzig kennengelernt hatte. Kind und Apel (Verfasser der Erzählung "Der Freischütz") waren zunächst als Juristen tätig. Auch hier geht es um einen Rechtsstreit: "... Don Carlos sagt einmal: Ich habe sehr viel Unglück mit meinen Müttern; Alii legunt: Ich habe viel malheur gehabt mit meinen Mamas! ich möchte sagen: Ich habe sehr viel Unglük mit meinen Freunden! Kurz und gut - um auf die Sache zu kommen - ich kann für Dich bei einem h. Appellationsgericht nichts gewinnen; die von mir eingewandte Leuterung ist als theils unzuläßig, theils unerheblich rejicirt worden, und der Walthersche Bevollmächtigte, als Appellant, wird wahrscheinlich nun des ehesten die Remission auswirken ...". Es folgen längere juristische Ausführungen, die mit dem Seufzer enden: "Kann man bei jetzigen Zeiten wißen, wo und ob unser Client noch im Lande der Lebendigen ist? Ich habe Dich heute leider mit lauter Juridicio torquiren müssen, deren Du Dich doch eigentlich glücklicherweise entschlagen hast ...". - Kind legte 1814 sein Mandat nieder und widmete sich nur noch der Schriftstellerei. In der Zeit arbeitete er Apels "Freischütz" als Textbuch für Webers gleichnamige Oper um.

Kobell, Franz von
Gedicht mit angeschlossenem Brief
Los 2071

Zuschlag
120€ (US$ 129)

Details

Kobell, Franz Ritter von, bayerischer Mineraloge und Dichter, Professor an der Münchener Universität, zugleich fruchtbarer Mundartdichter (1803-1882). Eigh. Gedichtmanuskript mit angeschlossenem Brief, jeweils m. U. "Kobell". Zus. 2 S. Gr. 8vo. O. O. 20.V.1878.
"Am 25. Mai. (Die Zwanglosen)". 5 Strophen zu je 4 Zeilen und am Schluß ein zweizeiliges "Vivant sequentes!" Ein für die Münchener Künstlergesellschaft "Die Zwanglosen" bestimmtes Gedicht, mit einem auf Seite 3 angeschlossenen Brief an deren Mitglied Förster: "... Ich kann leider das Diner am Samstag nicht mitmachen, da mich mein mineralog. Practicum hier nothwendig macht, ich hoffe aber, die Gesellschaft bis 4 Uhr noch zu treffen. Als Champusmeister schicke ich beifolgende Verse und wenn Du willst, so theile sie in meinem Namen mit. Guten Morgen! Dein Kobell". - Das Gedicht endet: "... Drum trinkt und duldsam seyen Jene / Mit einem Toaste auch geehrt, / Die sich zum allgemeinen Besten / Als brave Sträflinge bewährt! - Vivant: Werthern, Haindl, Levi, Niethammer, Bezold ... et sequentes! Kobell". - Hübsches Zeugnis kultivierter Münchener Geselligkeit unter hochrangigen Persönlichkeiten.

Koeppen, Wolfgang
Brief 1964
Los 2072

Zuschlag
140€ (US$ 151)

Details

Koeppen, Wolfgang, Schriftsteller (1906-1996). Brief m. U. "Wolfgang Koeppen" und Umschlag. ½ S. 4to. München 19.X.1964.
An den Schriftsteller Simon Traston. „... Vielen Dank für Ihren Band ‚Tag, Nacht und Traum'. Ich beglückwünsche Sie, daß Sie nun bei Merlin gelandet sind. Aber was macht der mutige Petersen? Die Texte gestalteter, gearbeiteter Prosa habe ich wieder gern gelesen ...".

Lot 2073, Auction  111, Kraft, Werner, Signiertes Gedichtmanuskript

Kraft, Werner
Signiertes Gedichtmanuskript
Los 2073

Zuschlag
220€ (US$ 237)

Details

Kraft, Werner, aus Deutschland 1933 emigrierter Bibliothekar, Lyriker, Editor und Literaturhistoriker, mit Martin Buber und Else Lasker-Schüler befreundet, wichtiger Vertreter deutscher Literatur in Israel (1896-1991). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. "Werner Kraft". 1 S. Auf gelblichem Papier. 4to. (Jerusalem ca 1957).
"Ad me ipsum". 18 Zeilen: "Durch ein halbes Jahrhundert / Hab' ich geschlafen, gewacht, / Mich wundert, / Daß so weit ich's gebracht - Und weiter zu bringen denke / Das Gedachte / Und die Arme verschränke / und löse, sachte. ...". - Die Handschrift war als Faksimile für den Band "Lyrische Handschrift unserer Zeit" (München 1958) vorgesehen, ist aber nicht mehr veröffentlicht worden. - Selten.

Lasker-Schüler, Else
4 Autographen
Los 2076

Zuschlag
1.600€ (US$ 1,720)

Details

"ich bin ganz überträumend"
Lasker-Schüler, Else, Dichterin (1869-1945). 2 eigh. Briefe und 2 eigh. Postkarten mit den Unterschriftsformen "Else Lasker-Schüler" (mit kleiner Kometen-Zeichnung), "Jussuf", "Tino" und "T". Zus. 41/2 S. Die Briefe kl. bzw. schmal-8vo. Berlin-Halensee 1909-1910.
An ihren langjährigen Freund, den Rechtsanwalt Andreas Meyer, damals Student in Berlin; aus der Zeit ihrer ersten Bekanntschaft. "... ich las eben erst Ihren Brief ausführlich, da ich heute Morgen plötzlich fort mußte. Ich verreise Sonabend früh und wenn ich zurückkehre, sind Sie verreist. Heute Abend bin ich zu Hause dann wollen wir zueinander sprechen. (Was wollen Sie mir sagen?) [23.XII.1909] ... Heute Mittag stand ein Wetter am Himmel. Hast Du das gesehen? Ein Relief im schwarzen Marmorgewölk. Ich schlafe nun den ganzen Tag, alle Vorhänge sind Geschehnisse mit Flügeln. Schön waren die letzten Minuten vorgestern - ich habe für Dich ein Gedicht gedichtet. Wenn ich nur nicht alle bin. Gestern Abend schrieb ich noch über Paul Baum einen Essay - der erscheint schon Mittwoch. Auch ein herrliches Lied von Kanaitte kommt zu Dir ... I am pour David oder Jussuf oder boy von Jericho [28.II.1910] ... Lieber André! Raube für mich - ich bin längst schon Räuber - Du kennst mich gar nicht wieder. Kein David mehr, kein Sohn Jakobs mehr; nichts mehr von Canaitterpracht - Raube für mich ...". Erwähnt Fritz Kalischer [o. Datum]. "... Ich bin ganz zerstört, ich hatte die ganze Nacht so Angst. Wir haben sicher einen Götzen heraufbeschworen bei dem Tempelfest. Unser Zimmer ist zu eng und schmucklos für Feste. Alle Sterne sind beleidigt. O, und P... ist so gemein, er glaubt nicht an unsere Knabenfreundschaft darum sprach er gestern so gemein ... bist Du böse darüber, daß ich Dich gebrauche weil ich selbst keine Kraft mehr habe zu vagabundieren. Sei mir nicht böse für alle Missetaten, die ich getan habe und wenn Du mal Jemand nötig hast dann schreibe mir nur. Ich tue Dir jeden Gefallen. Ich bin nun ganz dahin wie ein Wind. Wie ein zerbrochener Götze lieg ich im Müll-Kasten. Ich freue mich, daß ich Dich vorher kennenlernte, dann haben wenigstens in letzter Stunde Kinderhände mit mir gespielt ... Ich habe gestern so viel gesprochen, ich glaube es war alles geträumt, immer lieg ich auf der Straße wie ein Mantel und die Kinder tanzen um mich und jauchzen. Ich bin ganz überträumend ... ich esse nur Träumereien und trinke die Luft. Die Nacht ist noch lange nicht vorbei ..." [o. Datum]. - Alle Teile etwas unfrisch und mit stärkeren Gebrauchsspuren.

Lewald, Fanny
Brief an Paul Taglioni
Los 2078

Zuschlag
180€ (US$ 194)

Details

Lewald-Stahr, Fanny, Schriftstellerin, verheiratet mit Adolf Stahr, führte in Berlin einen einflußreichen literar. Salon (1811-1889). Eigh. Brief m. U. "Fanny Lewald Stahr" und Adresse. 11/2 S. Gr. 8vo. (Berlin ca. 1866).
An Paul Taglioni (1808-1884, Bruder der Marie Taglioni), den Ballettmeister an der Berliner Kgl. Oper, der auf eine Visitenkarte des durchreisenden bedeutenden Sängers, Gesangspädagogen und Librettisten Salvatore Marchesi (1822-1908) nicht reagiert hatte. Sie versucht, die Verbindung herzustellen. "... Gesprächsweise erfuhr ich gestern von Herrn Marchesi, daß er bei Ihnen gewesen sei, eine Karte hinterlassen u. darauf gar kein Lebenszeichen von Ihnen erhalten habe, so daß ihm der Zweifel gekommen ist, ob man Ihnen die Karte ausgehändigt. Da Herr Marchesi Montag nach Amsterdam geht, wohin er Concert Engagements hat, so liegt es ja wohl in seinem u. auch in Ihrem Interesse, daß Sie Nachricht von seiner hiesigen Anwesenheit, er einen Bescheid erhält, ob Sie Aussicht haben, Ihr Unternehmen zu vollführen u. sein Talent dabei zu benützen ...". - Welches Unternehmen Taglionis gemeint ist, bleibt unklar - vielleicht eine königl. Gesangs- und Schauspielschule. Marchesi und seine Frau, die Mezzosopranistin Mathilde M., wirkten 1854-1861 und 1869-1881 als Professoren am Konservatorium in Wien. - Einrisse vom Öffnen der Versiegelung.

Lot 2079, Auction  111, Louys, Pierre, Brief 1909

Louys, Pierre
Brief 1909
Los 2079

Zuschlag
300€ (US$ 323)

Details

Louys, Pierre, französ. Schriftsteller, einer der Meister der erotischen Literatur Frankreichs, mit Mallarmé und Gide befreundet (1870-1925). Eigh. Brief m. U. „Pierre Louys" und Umschlag. 3 S. Gr. 8vo. (Paris) 1.VII.1909.
An den ihm befreundeten Notar Charles Dubois in Divonne-les-Bains; über einen schriftstellernden Sonderling um 1600, für dessen sehr seltene Werke sich Louys interssiert. "... Il y avait à Paris sous Henri IV, un personnage extraordinaire qui publia un jour le 1er volume de ses oeuvres complètes avec cette première phrase qui l'a rendu célèbre: 'Je ne sçay ny lire ny écrire ny n'y ay jamais apprins.' Il était né à Arbère, à 1/3 de lieue de Divonne, se nommait Bernard Bluet et se faisait appeler 'Bernard de Bluet d'Arbères, Comte de Permission, Chevalier des Ligues des XIII Cantons Suisses.' - Prévoyant que personne n'achèterait son livre, il le distribua lui-même dans les rues; puis il en publia un second, puis un troisième, et comme ses livres n'étaient guère que des plaquettes de quelques feuilles, il arriva au tome 143 de ses Oeuvres. Après quoi il mourut, âgé de 40 ans, en 1606. Je n'ai pas besoin de te dire que ces petits cahiers distribués dans Paris il y a plus de trois siècles sont presque tous allés aux vieux papiers. On n'en connait plus aujourd'hui que trois ou quatre collections, toutes incomplètes, même celles des bibliothèque les plus nationales. Par hasard j'en ai trouvé une il y a quelques années, et à cause de cela je m'intéresse à cet antique naturel de Divonne, comme bibliophile. Connais-tu, là bas, quelqu'un qui travaille à l'histoire de la région? Les archives municipales de la commune possèdent elles un document quelconque sur ce Bernard Bluet? Je ne te demande, bien entendu, aucune recherche personnelle ... mais peut être connais tu quelqu'un à qui tu puisses poser la question, simplement en causant. - Je ne te parle pas de ta santé. J'ai reçu de tes nouvelles hier, très content d'apprendre que ta seconde maison t'avait fait autant de bien que la première ...".

Mann, Thomas
Briefkarte 1905
Los 2081

Zuschlag
300€ (US$ 323)

Details

Mann, Thomas, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1875-1955). Eigh. Brief-Karte m. U. "Thomas Mann". 11/2 S. Mit Wappenprägung ("Wilder Mann" und Schwan). Quer-8vo. München 23.IV.1905.
An einen Herrn. "... Haben Sie Dank für Ihr anmuthiges Gedicht mit der liebenswürdigen Widmung und für das fein empfundene Feuilleton. Sollten Sie Frl. Schwabe persönlich kennen, so bitte ich, sagen Sie ihr, daß ich es sehr bedaure, bei ihrer Anwesenheit in München nicht ihre Bekanntschaft gemacht zu haben ...". - Mit "Frl. Schwabe" ist wohl die Schriftstellerin und Verlegerin Toni Schwabe (1877-1951) gemeint. - Nicht bei Bürgin/Mayer.

Lot 2082, Auction  111, Mann, Thomas, Brief 1912

Mann, Thomas
Brief 1912
Los 2082

Zuschlag
3.800€ (US$ 4,086)

Details

"ein träumerisch-renitenter Schüler"
- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann". 31/2 S. Gr. 8vo. München 29.I.1912.
Umfangreicher und wichtiger Brief am Ernestine Münchheim, die für eine geplante Lesung moderner Autoren Biographisches von Thomas Mann und Empfehlungen zu seinen Werken erbeten hatte. Der Autor winkt ab, gibt aber doch viele wertvolle Informationen, auch zu seiner Laufbahn. "... Biographisches? Ach bitte, möglichst wenig Biographisches! Denn erstens: Was geht es die Leute an? Was geht sie der Rohstoff an? (Biographie ist Rohstoff). Und zweitens mein äußerer Lebensgang ist völlig nichtssagend ... Mein heimatliches Milieu findet man sehr genau in 'Buddenbrooks'. Ich war ein träumerisch-renitenter Schüler. Halbreif wurde ich nach München versetzt, wohin nach dem Tode meines Vaters Mutter und Geschwister übergesiedelt waren. Ich habe allerlei 'studiert', z. B. ein paar Semester lang kunst- und literarhistorische Kollegien gehört, verbrachte mit meinem Bruder zusammen ein Jahr in Rom und Umgegend, war, zurückgekehrt, eine Weile Mitredakteur des 'Simplicissimus' (eigentlich bloß Lektor) und arbeitete an dem Roman, der mir (nach dem literarischen Achtungserfolg des 'Kleinen Herrn Friedemann') den Ruhm brachte. Ich habe ihn gut kennen gelernt, den Ruhm, - seine Lächerlichkeit und seine Schönheit. Er ist immerhin ein Erlebnis und wohl eins, das ich nötig hatte und das zu mir gehörte. Seit 7 Jahren bin ich verheiratet, mit der Tochter eines hiesigen Universitätsprofessors, und Vater von 4 Kindern. Im Winter lebe ich in München, im Sommer auf meiner kleinen Besitzung in Tölz an der Isar. - Was braucht es mehr?
Den Vortragsstoff angehend, so ist er ja, da die beiden großen Sachen ausscheiden, ein wenig beschränkt. Von dem 'Tod' [in Venedig] würde ich unbedingt abraten. Er ist eine sehr frühe Arbeit, die ich ganz verleugne. 'Tristan' ist gut vorzulesen, aber, fürchte ich, zu lang, da der Abend nicht nur mir gilt. In Betracht käme ferner: 'Der Kleiderschrank' (wenn er nicht zu phantastisch ist, - ich kenne Ihr Publikum nicht), 'Die Hungernden' (aus 'Der kleine Herr Friedemann' 2. vermehrte Ausgabe in Fischers wohlfeiler Bibliothek) und das humoristische 'Eisenbahnunglück' (ebenda). Ferner giebt es eine kleine Novelle von mir, 'Ein Glück', doch nicht in Buchform sondern nur im Januarheft 1904 der 'Neuen Rundschau' erschienen und zum Vortrage gern gewählt, auch von Lina Lossen in Berlin ...". - Die hoch begabte Schauspielerin Lina Lossen war zu dieser Zeit am Berliner Lessing-Theater engagiert. - Nicht bei Bürgin-Mayer; möglicherweise unveröffentlicht.

Mann, Thomas
Brief 1920 an Paul Eltzbacher
Los 2083

Zuschlag
3.400€ (US$ 3,656)

Details

"ich bin mehr Abenteurer als 'Führer'"
- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann" und eigh. Umschlag. 4 S. Gr. 8vo. München 31.XII.1920.
Umfangreicher und bedeutender Brief an den Juristen Prof. Paul Eltzbacher in Berlin-Grunewald, dem er für ein Buchgeschenk zum Jahresende dankt. "... Ja, das Artikelchen in der Tante ["Tante Voss", Vossische Zeitung] war gräulig zugerichtet. Aber in Gottes Namen. Nach dem Falle R. Huch mögen Sie sich vorstellen, wie es zustande gekommen ist ...". Er sei erfreut, daß sein Buch "Gesang vom Kindchen. Eine Idylle" dem Adressaten bei einer Krankheit Trost gespendet habe. "... Das 'Kindchen' werde ich doch wohl unter der Hand verschwinden lassen, obgleich ein paar schöne Passagen darin sind. Aber der brave Bauschan [in "Herr und Hund"] , der übrigens unmittelbar nach dem Erscheinen seiner Epopöe Todes verblichen ist, möge bleiben und in die 'Ges. Werke' übergehen, die S. Fischer für den Augenblick vorbereitet, wo der neue Roman fertig sein wird, was denn doch wohl im Lauf des neuen Jahres sich einmal ereignen wird. Ein Vorläufer der 'Werke' wird ein Band 'Gesammelte Aufsätze' sein, den ich Ihnen hoffentlich im Frühjahr werde schicken können ...".
Berichtet dann über die in den letzten Monaten "recht leichtsinnig" übernommenen vielen Vortragsreisen sowie eine "amtliche" nach Berlin in Sachen Rechtschreibreform, und auch im neuen Jahr stünden Tourneen in der Schweiz und in Thüringen bevor. "... Es geschieht aber eigentlich nicht aus Leichtsinn und Lust am Eschappieren, sondern aus der Neigung, mir etwas zuzumuten und meine Elastizität zu erproben. - Unser Wirtschaftsleben ist freilich absolut verrückt, und wenn man der Logik unbedingt vertraute, so müßte man ein Schreckensende für unfehlbar sicher halten. Um die kapitalistische Weltordnung wäre es nicht schade, und der Bürger hätte für seine Renitenz alles Mögliche verdient. Aber dem Proletarier traue ich auch nicht und fürchte mich vor seiner Herrschaft und 'Kultur'. Sie rechnen, was die Vorbereitung der neuen Zeit betrifft, auch auf mich. Thäten sie es lieber nicht. Ich bin im Grunde mehr Abenteurer (so sonderbar das Wort hier klingen mag), als 'Führer' und weise diesen Titel immer angstvoll zurück, wenn er mir angeboten wird, zum Beispiel in Bonn, in der Universität. Meine ethische Verfassung ist besten Falles die eines gewissen idealistischen Individualismus ...". - In der Vossischen Zeitung, die Thomas Mann in diesem Jahr mehrmals belieferte, war zuletzt am 19. Dezember sein Aufsatz "Über Beethoven" erschienen. Bezüglich der Editionsprognosen seiner Werke war der Autor angesichts der heraufziehenden Inflation etwas zu optimistisch: Der nächste vollständige Roman bei Fischer erschien erst 1924 mit dem "Zauberberg", die "Gesammelten Werke" folgten somit erst 1925. Bereits 1922 kamen hingegen unter dem Titel "Rede und Antwort" die angekündigten "Gesammelten Abhandlungen und kleinen Aufsätze" heraus. - Bürgin/Mayer I, 20/132.

Mann, Thomas
Brief 1922 an Wolfgang Goetz
Los 2084

Zuschlag
800€ (US$ 860)

Details

Über die Goethe-Gesellschaft
- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann" und eigh. Umschlag. 2 S. Gr. 8vo. München 1.V.1922.
An den Schriftsteller und Publizisten Wolfgang Goetz, Regierungsrat bei der Filmprüftstelle in Berlin (1885-1955), der angefragt hatte, ob Thomas Mann geneigt sei, im Rahmen einer Reorganisation der Goethe-Gesellschaft eine Position in deren Vorstand anzunehmen. Mann zeigt sich geehrt, aber auch skeptisch: "... Es mag ein Vorurteil gewesen sein, und jedenfalls bitte ich, es mir nicht übel zu nehmen: bisher verbanden sich mit dem Begriff der G. G. für mich allenfalls Namen wie Sudermann und Fulda, - große Namen also, aber nicht eben sehr Goethe-nah; und dem entsprechend schien sich mir die von der Vereinigung repräsentierte Weltanschauung nicht über das Niveau eines gewissen mässigen Liberalismus, der monistischen Aufklärung, zu erheben. Es mag Unsinn sein, aber so war mein Eindruck, ich sage es offen. Wenn Wandel geschaffen werden und die Sache der G. G. fortan als die höchste und anspruchsvollste der Nation empfunden werden soll, als eine Anstalt, repräsentativ für den deutschen Geist, so werde ich es selbstverständlich als große, ja übergroße Ehre und Freude empfinden, ihrem Vorstand angehören zu dürfen, und ich zweifle nicht, daß die Träger der Namen, die Sie mir nennen, ebenso denken werden - ich verlasse mich sogar darauf ...". - Bürgin/Mayer I, 22/41.

Mann, Thomas
Brief-Karte 1934
Los 2085

Zuschlag
500€ (US$ 538)

Details

- Eigh. Brief-Karte m. U. "Thomas Mann" und Umschlag. 2 S. Quer-8vo. Küsnacht (Schweiz) 19.II.1934.
An Marga Bauer in Berlin-Halensee, die in der Schweizer Zeitung "Burgdorfer Tagblatt" vom 2. Februar 1934 angesichts eines bevorstehenden Vortrags von Thomas Mann eine umfassende Würdigung des Autors veröffentlicht hatte. Er bedankt sich herzlich: "... Diese mit so kluger und zarter Hand gezogene Bilanz meines Lebens hat mir große Freude gemacht. Welche Wohltat ist es heute, daß deutsche Sprache und Kulturbetrachtung über die Reichsgrenzen hinausreichen! Wie notwenig, nicht nur im Sinne der europäischen Politik, sondern auch der deutschen Kultur für Gebiete wie Oesterreich und die Deutsch sprechende Schweiz - ich meine ihr Außensein und Außenbleiben! Ich würde das ganz allgemein sehr stark empfinden, auch wenn mein persönlicher Fall mich nicht noch besonders darin bekräftigte ...". - Marga Bauer war Assistentin des Berner Germanisten Samuel Singer gewesen und hatte schon 1927 eine literaturkritische Studie über Thomas Manns Werk veröffentlicht. - Beiliegend eine Kopie des Aufsatzes von Marga Bauer aus dem "Burgdorfer Tagblatt". - Bürgin/Mayer II, 34/44 (konnten den behandelten Aufsatz nicht ermitteln).

Lot 2086, Auction  111, Mann, Thomas, Brief Mai 1945 + Fotos

Mann, Thomas
Brief Mai 1945 + Fotos
Los 2086

Zuschlag
800€ (US$ 860)

Details

- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann". 13/4 S. Gr. 8vo. Pacific Palisades (Kalifornien) 4.V.1945.
An den Gelehrten (und Photographen) Franz Roehn, der sich Thomas Mann als Porträt-Photograph angeboten hatte. Dieser lehnt freundlich und mit ausführlicher Begründung ab. "... Seien Sie nicht böse und nicht allzu enttäuscht, weil ich Sie bitten muß, jetzt noch davon abzusehen. Es ist nicht nur wegen der Zeit, obgleich auch diese unter den Geschäften und Arbeiten anfängt knapp zu werden. Aber wir haben einen photographischen Freund und portraitistischen Betreuer des ganzen Hauses, den guten E. Gottlieb, der viele vortreffliche Aufnahmen von uns allen, Eltern, Kinden und Enkeln gemacht und uns immer mit Bildern und Albums wohl versehen hat. Auch für die bevorstehende Gelegenheit hat er Aufnahmen von mir gemacht, unleugbar sehr gute, die er natürlich öffentlich zu verwenden gedenkt; und ich meine (und die Meinen meinen es auch), daß es nicht loyal gegen ihn wäre, und daß er es bitter empfinden würde, wenn wir nun eine Konkurrenz zuließen. Es ist schon ein altes Treueverhältnis, wissen Sie ... Später können wir gewiß einmal auf Ihr freundliches Vorhaben zurückkommen ...". - Beiliegend ein Porträtfoto Thomas Manns (8,5 x 8,9 cm) und das zugehörige Negativ. - Nicht bei Bürgin/Mayer; möglicherweise unveröffentlicht.

Lot 2087, Auction  111, Mann, Thomas, Brief 1945 an H. Friedenthal

Mann, Thomas
Brief 1945 an H. Friedenthal
Los 2087

Zuschlag
2.400€ (US$ 2,581)

Details

"mein alter Missgönner A. Kerr"
- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann" und eigh. Umschlag. 13/4 S. Gr. 8vo. Pacific Palisades 30.VIII.1945.
An Richard Friedenthal in London, der von einer Diskussion anläßlich einer Feier zu Thomas Manns 70. Geburtstag berichtet hatte. Mann bedankt sich für die "interessanten Bemerkungen zu meiner Moses-Geschichte. Es ist ein kleines Lied von der menschlichen Gesittung, von ihrer heiligen Errichtung, endend mit einem Fluch auf ihre frechen Lästerer und Zerstörer - das ist alles. Dem Moses habe ich die Züge des Michelangelo gegeben - nicht die seines Moses, sondern seine eigenen, um die kolossale Bemühtheit des Mannes anzudeuten. Wenn er Mund und Bart mit der Hand (an breitem Gelenk) bedeckt, sieht er aus wie der Prophet Jeremiah in der Sistina. Es ist viel Spiel und Anspiel und auch Jux in der Geschichte, aber im Grunde war es mir ernst, und die Judenheit sollte sich nicht, wie das zu meinem Bedauern vorgekommen ist, durch meine Darstellung gekränkt fühlen, wenn ich auch hier vielleicht noch mehr als im 'Joseph' dazu neige, das Jüdische im Allgemein-Menschlichen aufgehen zu lassen ...". - Er begrüße im übrigen den Gedanken, die Geburtstagsfeier zu einer kritischen Diskussion zu nutzen: "... Da, wie ich irgendwo las, auch mein alter Missgönner A[lfred] Kerr sich an der Erörterung beteiligt hat, wird es an erfrischender Teufelei nicht gefehlt haben ...". - Nicht bei Bürgin/Mayer; möglicherweise unveröffentlicht.

Mann, Thomas
Brief Sept. 1950
Los 2088

Zuschlag
1.200€ (US$ 1,290)

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"ge-blacklisted, aber gefeiert"
- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann". 32/3 S. Gr. 8vo. Pacific Palisades 7.IX.1950.
An seinen Schweizer Freund Georges Motschan, der Überlegungen angestellt hatte, wie man dem Schweizer Historiker, Schriftsteller und Verleger Hans Mühlestein (1887-1969) am besten helfen könnte. "... Vielleicht haben Sie unterdessen von Bermann Rat empfangen, aber da er selbst in einem Strudel von Schwierigkeiten steckt und kaum weiss, wo ihm der Kopf steht, so bezweifle ich es. Wirklich ist hier guter Rat teuer, d. h. sehr verantwortungsvoll. Wir haben uns viel über Ihre Pläne, Mühlestein betreffend, unterhalten und sind schließlich zu folgendem Resultat gekommen.
Sicher ist Mühlestein ein bedeutender Mann und verdient Hilfe. Sie geschähe ihm am besten auf die Weise, dass ihm erlaubt wäre, sich ganz seinen wissenschaftlich- künstlerischen Aufgaben zu widmen und ihre Veröffentlichung und Verbreitung geschäftskundigen Leuten zu überlassen. Ihre eigene allgemeine geschäftliche Begabung in Ehren, aber den schlecht angeschriebenen Quo Vadis Verlag (Mühlesteins Selbstverlag) zu übernehmen oder selbst die vielen Schweizer Verlage, die es schwer genug haben und garkeine weitere Konkurrenz brauchen können, um einen neuen zu vermehren, kann man Ihnen nicht raten. Die Krise im Verlagswesen ist überall schwer, die Lage des Büchermarkts wenig ermutigend, und Ihre Gründung wäre ein Liebhaber- und Luxusunternehmen, in dem Sie aller Mutmaßung nach viel Geld verfeuern würden ... Nun gibt es aber in der Schweiz sicher heute mehr als einen kleinen Verlag, der ein gewisses backing von finanzkräftiger Seite wohl brauchen könnte. Das könnte von Ihnen kommen, unter der Bedingung einer bestimmten Einflussnahme Ihrerseits natürlich auf die Produktion, und diese Einflussnahme könnte sich unter anderem und vor allem auf eine würdige Publikation von Mühlesteins Werken beziehen ...
Sie sehen, wir haben uns, schrittweise und in Etappen (London, New York, Chicago) wieder nach Hause durchgekämpft ... Von New York aus statteten wir New Haven und der Yale Library einen Besuch ab, die eine erstaunliche Geburtstags-exhibition [zu Thomas Manns 75. Geburtstag] von Dokumenten meines Schriftsteller-Lebens zusammen gebracht und wirklich sehr sinnig und beziehungsvoll organisiert hat. Thornton Wilder, ein liebenswürdiger Mann, meinte entschieden, noch nie sei ein lebender Autor mit einer solchen Ausstellung geehrt worden. So lebt man hier ge-blacklisted, aber gefeiert und tut wohl gut, beides nicht zu ernst zu nehmen ...". - Mit "ge-blacklistet" meint er wohl seine Eintragung in eine Schwarze Liste der "Kommunismus-verdächtigen" und somit "anti-amerikanischen" Schriftsteller. - Die dritte Seite des umfangreichen Briefes durch nicht ausreichend getrocknete Tinte eines anderen Briefblattes leicht beeinträchtigt. - Bürgin/Mayer III, 50/350.

Mann, Thomas
Brief 1954
Los 2089

Zuschlag
1.200€ (US$ 1,290)

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"ein Mensch, der das Bild der Epoche trägt"
- Eigh. Brief m. U. "Thomas Mann". 11/2 S. Gr. 8vo. Kilchberg am Zürichsee 8.VII.1954.
An Emmi Wintermann in Davos, die als "eine glühende Thomas-Mann-Verehrerin" ausführlich an den Autor geschrieben und ihre Eindrücke und Gedanken bei der Lektüre des "Doktor Faustus" geschildert hatte. Es habe sie u. a. gestört, "daß Sie das deutsche Wesen in so viele Menschen aufspalten, anstatt die aufgezeigten Charakterzüge möglichst in einem einzigen Deutschen zu vereinigen, was ein viel echteres Bild ergäbe, und auch ein reizvolleres. Ist es nicht gerade das Typische am Deutschen, daß er alle diese Eigenschaften in einer einzigen Brust zu tragen vermag?" Thomas Mann antwortet u. a.: "... Das Schmerzensbuch ist meinem Herzen nahe geblieben, und darum bin ich erkenntlich für jede lebendige Anteilnahme daran, - die wohl schwerlich einfach in Lob und Preis bestehen kann. Man kann sich mit so einem Werk wohl herumschlagen. Aber ich glaube, es wird immer etwas von einer Leidener Flasche behalten, bei deren Berührung man einen kleinen elektrischen Schlag empfängt. Die Figur des Adrian aber sollte man nicht zu sehr als Allegorie für Deutschland nehmen. Er ist ein 'Held unserer Zeit', ein Mensch, der das Bild der Epoche trägt. Übrigens haben Sie recht: die Geschichte des kleinen Echo, das sind die poetischsten Blätter des Buches. Mit 25 Jahren konnte ich die Leiden des kleinen Verfallsprinzen Hanno Buddenbrook realistisch schildern. Aber eine Epiphanie, die Herniederkunft von etwas Überirdischem dichten, das konnte ich erst mit 70 ...". - Mit 3 kleinen Verwischungen. - Bürgin/Mayer IV, 54/219). - Beiliegend eine maschinenschriftliche, signierte Kopie des Briefes von Emmi Wintermann. - Ferner beiliegend ein masch. Brief (11/4 S. Gr. 8vo. Kilchberg 13.I.1956. Mit Umschlag) von Katia Mann an Emmi Wintermann, die ihr den vorliegenden Brief Thomas Manns für eine geplante Edition zur Kenntnis gebracht hatte. "... ich habe den Brief des Dahingegangenen, der mir in der Tat in seiner Knappheit besonderen Eindruck machte, mit Bewegung gelesen. Es werden natürlich sehr viele Briefe eingehen, und die Auswahl kann erst getroffen werden, wenn die Herausgeber einen Ueberblick über das gesamte Material haben und sich über den Umfang der Publikation im klaren sind. Das meiste geht wohl an den Verlag direkt und wird dann meinen Kindern und mir zur Begutachtung geschickt werden ...".

Mann, Golo
2 Briefe
Los 2090

Zuschlag
80€ (US$ 86)

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- Mann, Golo, Sohn Thomas Manns, Historiker und Publizist (1909-1994). 2 Briefe m. U. "Golo Mann". Zus. 11/2 S. Gr. 8vo und kl. 4to. Kilchberg 17.XI.1961 bzw. Icking (Isartal) 3.IV.1980.
Jeweils an Redakteure kleiner Blätter: Bei dem Herausgeber einer Studentenzeitung verzichtet er auf Nachdruck-Honorar; einem anderen dankt er für einen Artikel über Thomas Mann ("Ich las ihn mit soviel Spass wie Uebereinstimmung").

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