"die Jedermannsbörse"
Zweig, Stefan, österr. Schriftsteller (1881-1942). Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. "Stefan Zweig". 2/3 S. (Salzburg 23.IX.1921).
An den Schriftsteller Oskar Maurus Fontana in Wien. Unter einem Panoramafoto von Salzburg schreibt Zweig: "... ich habe Ihren Geburtstagsgruss [Franz Karl] Ginzkey gleich übermittelt, der sich sehr freute und danke Ihnen selbst für Ihre guten Worte. Es ist jetzt wieder still hier in Salzburg geworden, die Jedermannsbörse hält Rast bis zum nächsten Jahr und ich kann wieder an Arbeit denken. Hoffentlich hat Ihnen der Sommer ein neues Werk gebracht! ...". - Beiliegend eine eigh. Ansichts-Postkarte (Ansicht aus dem Hofgarten in Düsseldorf, 8.XII.1911) von Friederike Zweig, gleichfalls an Fontana gerichtet, auf der sie fragt, wann er denn von seiner "Weltenbummelfahrt" endlich zurück in Wien sei.
"Germanien ist uns verloren"
- Brief m. U. "Stefan Zweig". 11/2 S. Gr. 4to. Nizza 31.XII.1934.
Aus der Emigrantensituation an den ihm befreundeten Wiener Schriftsteller Emil Lucka (1877-1941), über dessen jüngstes Buch "Die Verwandlung des Menschen" (Zürich 1934). "... Auf den ersten Blick scheint es nicht organisch, einzelne der Studien sind mehr feuilletonistisch und lose thematisch an den innern Gedankenkreis gefügt. Aber der Hauptteil gehört gewiss zum Allerbesten, was Du geschaffen hast. 'Die Alternden und die Reifenden' oder die Gegenüberstellung der Polarität und Parallelität in der Liebe sind mehr als Betrachtungen sondern wirklich Funde und endgültige Formulierungen. Ich habe mich sogar gefragt, ob sie, jede erweitert und an Beispielen belegt, nicht noch das Anrecht hätten, zu einem Buch gestaltet zu werden. Aber das ist ja das Wunderbare an Dir, dass Du grosse Gedanken zu entwickeln vermagst, ohne sie gleich zu einer Theorie oder zu seinem System zu erheben ... Von uns allen bist Du weitaus der Klarste, der Ruhigste und darum auch der Weiseste. Du hast den hohen Blick erlernt, das Schwerste und Schönste des Lebens, den Blick von oben, wo das Kleinliche verschwindet und nur die grossen, reinen, die ewigen Linien in schöne Erscheinung treten.
All das ... würde ich lieber öffentlich gesagt haben, aber ich habe sonderbarer Weise kein einziges Blatt in deutscher Sprache mehr zur Verfügung. Germanien ist uns verloren, in den typischen Emigrantenblättern will ich nicht schreiben, mit den oesterreichischen habe ich den Kontakt verloren. Im Allgemeinen tut es mir nicht leid, denn es ist besser, sich dieser Sphäre zu entziehen ...". Eigenhändig vermerkt er am Schluß: "Nächste Woche geht es nach Newyork." - Darunter auch Grüße von Friderike Zweig.
Bloch, Ernst, Philosoph, Professor in Leipzig und Tübingen (1885-1977). Handschriftlicher (wohl diktierter) Brief m. U. "Ernst Bloch". (Kugelschreiber und Filzstift). 1 S. Gr. 8vo. Tübingen 14.VII.1972.
An den Politikwissenschaftler Joachim Perels. "... Frankfurt war trotz allem nicht uninteressant, auch wenn es weder gelang Benjamin weder [sic] zu einem Marxisten zu machen noch auch ihn zu keinem zu machen. - Leider habe ich zu dem Vortrag 'Frauenemanzipation' weder Manuskript noch Notizen gehabt. Den Veranstalter in Wuppertal habe ich schon vor Monaten gebeten mir die Abschrift des Bandes zu schicken, aber bis jetzt keine Antwort erhalten ...". - Gelocht.
Gustav Parthey als Berliner Student
Boeckh, Philipp August, bedeutender klass. Philologe, Professor in Heidelberg und Berlin (1785-1867). Mitschrift seiner Vorlesung über römische Literatur. Ca. 78 Bl., davon ca 153 S. eng beschrieben. 4to. Pappbd d. Z. (etwas berieben). (Berlin 1818-1819).
"Geschichte der römischen Litteratur. - Prof. Boeckh. Mich. 1818 - O. 1819. Nachgeschrieben von G. Parthey". Säuberlich ausgearbeitete Vorlesungsmitschrift von der Hand des Studenten Gustav Parthey, Enkel Friedrich Nicolais und später Inhaber der Nicolaischen Buchhandlung, Philologe und Kunsthistoriker (1798-1872). In zwei Abteilungen, die zweite wieder in 12 Kapitel gegliedert, informiert Boeckh umfassend über alle Gattungen der römischen Literatur. Parthey hat am Schluß eine Vielzahl von Anmerkungen und kommentierten Literaturangaben angefügt. - Kaum ein Professor war der Berliner Universität so treu wie Boeckh: Schon zur Gründungs-Professorenschaft berufen, lehrte er ununterbrochen 120 Semester lang, war fünf mal Rektor und sechs mal Dekan. Als einer der angesehensten Gelehrten seiner Zeit war er ab 1814 auch Ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. - Innendeckel des Bandes mit dem großen gestochenen, antikisierenden Exlibris Gustav Partheys.
Böhme, Johann Gottlob, sächs. Jurist, Schüler Johann Jakob Mascovs, Rechtshistoriker und Dichter, kursächsischer Hofhistoriograph, seit 1751 Professor in Leipzig, verkehrte dort mit dem jungen Goethe, der zu seinen Schülern gehörte (1717-1780). Manuskript seiner Vorlesung über die Geschichte des Deutschen Reiches. Kalligraphie von Schreiberhand. Zweifarbiger Titel, S. 7-726, 15 Bl. Register. Mit großem Monogramm in Federzeichnung auf dem Titel, 10 (9 gefalt.) genealogischen Tabellen und mehreren teils figürlichen Schmuck-Vignetten mit Rocaille-Ornamentik in Federzeichnung. 19 x 17 cm. Pappband d. Z. (stärker berieben und bestoßen) mit Rückenschild „über Mascovs Reichs-Historie“. Leipzig 1760.
„Geschichte des Teutschen Reichs, vom Herrn Professor Böhme, nach Hl. Hofr. Mascovs Einleitung vorgetragen.“ Bis auf 3 Anfangsblätter, die vielleicht die erwähnte Einleitung enthielten, vollständiges kalligraphisches Manuskript, mit großer Sorgfalt in beinahe druckmäßiger Präzision niedergeschrieben und mit Vignetten eines professionellen Künstlers geschmückt. Der 16jährige Goethe, 1765 von seinem Vater zum Studium der Rechte nach Leipzig geschickt, wollte eigentlich lieber Gellert hören, suchte aber pflichtgemäß zunächst den Professor Böhme auf, wie er in „Dichtung und Wahrheit“ schildert: „Nun eilte ich mit meinem Empfehlungsschreiben zu Hofrat Böhme, der, ein Zögling von Mascow, nunmehr sein Nachfolger, Geschichte und Staatsrecht lehrte. Ein kleiner, untersetzter lebhafter Mann empfing mich freundlich genug und stellte mich seiner Gattin vor. Beide sowie die übrigen Personen, denen ich aufwartete, gaben mir die beste Hoffnung wegen meines künftigen Aufenthalts.“ Goethe beschreibt dann ausführlich sein Verhältnis zu Böhme und zu dessen Frau, die er regelmäßig aufsuchte, um mit ihr über Literatur und Philosophie zu diskutieren. Das Mitschreiben von Böhmes Vorlesungen gab er nach einiger Zeit auf, weil er den Eindruck hatte, daß sie ihm nichts Neues böten. Wer hingegen der Verfasser des vorliegenden, mit allen Literaturangaben penibel ausgearbeiteten Manuskripts war, das die gesamte Geschichte Mitteleuropas von Tacitus bis zum Jahre 1738 in knapper Form, aber enorm inhaltsreich in zahllosen Paragraphen umfaßt, bleibt ungewiß. Zwei unterschiedliche Wappen-Exlibris, ein zeitgenössisches auf dem Innendeckel und ein späteres auf dem fl. Vorsatzblatt, lassen darauf schließen, daß hier ein adliger Student seine Mitschriften ausarbeitete und aufwendig kopieren ließ. Die „Allgemeine Deutsche Biographie“ besagt über Böhme, seine Gelehrsamkeit „war durchaus solid und verrieth die vortreffliche Schule, die er durchgemacht hatte ... Ein umfassendes selbständiges Werk auf dem Gebiete der politischen Geschichte besitzen wir von ihm nicht. Dagegen sollen, nach seinen eigenen Äußerungen, des Jenenser Professors C. G. Heinrich ‚Geschichte des deutschen Reichs’ (8 Bde.) und dessen sächsische Geschichte (2 Bde.) ein Plagiat aus seinen Vorlesungen sein“. Das vorliegende Manuskript ist also nicht nur eine ungemein reichhaltige, sondern auch authentische, bisher ungedruckt gebliebene und zudem dekorativ gestaltete Arbeit des Leipziger Historikers, der die ersten akademischen Eindrücke des jungen Goethe wesentlich mitgeprägt hat.
Brentano, Franz, einflußreicher Philosoph und Psychologe, Begründer der "Aktpsychologie", Professor in Würzburg und Wien (1838-1917). Eigh. Brief m. U. "Franz Brentano". 1 S. Gr. 8vo. Wien 25.III.1878.
An Lili Lauser (Gemahlin des Publizisten Dr. Wilhelm Lauser) in Wien, deren Einladung zu folgen er verhindert sei. "... Um mich ein wenig schadlos zu halten, werde ich mir aber bald erlauben, Sie aufzusuchen, und hoffe dann auch das Lili-Töchterchen zu sehen, das, wie seine Mutter sagt, zwar kein Liliputerchen, aber doch gewiß sehr fein und zierlich ist ...". - Beigegeben ein eigh. Brief des Philosophen Ludwig Büchner (aus Budapest: "Man trägt mich hier förmlich auf den Händen").
Carl Theodor, Herzog in Bayern, Bruder der Kaiserin Sissy, Schwiegervater König Alberts I. von Belgien und des Prinzen Rupprecht von Bayern, Mediziner, betrieb eine berühmte Augenklinik in München (1839-1909). Eigh. Brief m. U. "Carl". 3 S. Mit blau geprägtem Monogramm (CT mit Krone und Arztsymbol). Gr. 8vo. Schloß Possenhofen am Tegernsee 17.X.1881.
An einen Arzt-Kollegen, den er bittet, nach Tegernsee zu kommen, um mit ihm einen Plan für eine gesichtsplastische Operation an einer Patientin Carl Theodors durchzusprechen. "... Vor einem Jahre erkrankte in hiesiger Gegend ein junges Mädchen an Melancholie u. schnitt sich oder vielmehr riß sich mit einer Zange die Nasenspitze weg, das Septum ist erhalten, ebenso ein Teil beider Nasenflügel. Die Patientin hat nun das Verlangen an mich gestellt, diesen Defekt zu ersetzen u. möchte ich sehr gerne den Operationsplan mit Ihnen besprechen ...".
Eiffel, Gustave, franz. Ingenieur, Erbauer des nach ihm benannten Eiffelturms, beteiligt auch am Panama-Kanal und an der New Yorker Freiheitsstatue (1832-1923). Gedruckte Visitenkarte mit eigh. Beschriftung. 11/2 S. 6 x 10 cm. Paris (1889?).
"Gustave Eiffel, Ingenieur & Constructeur [dann weiter handschriftlich:] a l'honneur de présenter les salutations très amicales à Monsieur Gaston Tissandier en le remerciant des soins qu'il a apportés à l'impression des brochures 'Scientia'." - Die Schriftenreihe "Dîner de la conférence 'Scientia'" wurde von Gaston Tissandier (1843-1899) herausgegeben. 1889 erschien die Broschüre "13e dîner de la Conférence 'Scientia' offert à M. G. Eiffel le samedi 13 avril 1889".
Gartenkunst. - Rost, Constantin, Kunstgärtner aus Eisenberg (Thüringen, Herzogtum Sachsen-Altenburg) (1810-1876). Sammlung von ca. 110 Briefen an seine Familie. Zus. ca. 230 S., sehr eng beschrieben. Meist gr. 4to oder 4to. 1829-1876.
Große Sammlung von umfangreichen Briefen eines Gärtnerei-Gesellen, der seinen Eltern, Geschwistern und anderen Verwandten mehr als 40 Jahre lang von seinem Leben und seiner Tätigkeit in diversen, teils berühmten herrschaftlichen Parks und Gärten Europas berichtet. Nachdem er seine Lehre 1828 bei Hofgärtner Döll im heimatlichen Eisenberg begonnen hat, begibt sich Rost nach Leipzig, wo er 1829-1830 beim Gärtner Breiter seine Lehre abschließt und zugleich mit der großen Politik Bekanntschaft macht: Im Juli des Revolutionsjahres 1830 brechen in Leipzig schwere Studentenunruhen aus, als der Präsident v. Ende einen Umzug von uniformierten Studenten zum "Konfessionsfest" verbot, der vorher vom Rektor, dem bei den Studenten beliebten Philosophen Wilhelm Traugott Krug, ausdrücklich genehmigt worden war. Rost schildert die Gewalttätigkeiten, die sich daraufhin in Leipzig und Dresden zutrugen. 1831 tritt er eine Stelle in Elisensruhe bei Dresden an, wo er bald schon interessantere Angebote erhält, z. B. von einem Grafen Schlabrendorff auf Zischwig bei Breslau. Rost berichtet vom Einzug der Cholera, die, aus Rußland kommend, auch in Deutschland zahlreiche Opfer fand, darunter so prominente Personen wie Hegel und Gneisenau. 1832 verbessert sich Rost durch Eintritt in großherzoglich weimarische Dienste, wo der Belvedere-Park in Weimar sein Tätigkeitsfeld wird. In 10 meist umfangreichen Briefen schildert er seine Eindrücke und Erlebnisse: "... Der Garteninspector läßt mir unaufhörlich Lobeserhebungen zukommen. Er bemüht sich sehr, mich bald möglichst in Condition nehmen zu können [30.VI.1832] ... Am Dienstage bezog der Hof von Weim. das hiesige Schloß, um einige Wochen erst hier zu seyn, dann ins Bad zu reisen. Ich habe die unangenehme Arbeit, wöchentlich 7 Blumenvasen auf die Tafel zu liefern und sie auch täglich auszubessern ..." [8.VI.1832]. Am 30. Juni berichtet er von einem großen Gartenfest in Weimar, und zweimal wird sein "Freund Sckell" erwähnt. 1834-1835 hält sich Rost in Hamburg auf. In 4 sehr umfangreichen Briefen, von denen 2 mit lithographischen Stadtansichten geschmückt sind, beschreibt er seine Eindrücke von der Hansestadt. Vom August 1835 bis November 1836 berichtet der Gärtner aus Sanssouci bei Potsdam; Ausflüge nach Berlin (wo er auch das Opernhaus besucht) dürfen dort nicht fehlen. Von 1837 nimmt Rost eine Stelle im schlesischen Peterswaldau an, einer Besitzung des Grafen Stolberg, wo er bis 1842 bleibt. 11 umfangreiche Briefe (2 mit lithograph. Briefkopf) zeugen von diesem Aufenthalt; dann begibt sich Rost weiter nach Osten: Vom Herbst 1842 bis mindestens Herbst 1843 hält er sich in Krakau bzw. auf dem Gut Sczcekócin auf. 1847 setzen die Briefe wieder ein, diesmal aus Thammenhain im sächsischen Lossatal, wo er den Schloßpark betreut. 1848-1849 folgen Gottschalks, Fintladers, Willhelmsberg und Altfranken bei Dresden, wo Rost die Revolutionswirren erlebt und schildert. 1851 bis 1855 arbeitet Rost in Breslau, und wieder wird in umfangreichen Briefen die Verwandtschaft informiert. Schließlich verschlägt es ihn immer weiter nach Osten, in die Ukraine, nach Podolien, Bessarabien und Weißrußland, wo er von 1861 bis zu seinem Tod 1876 auf verschiedenen Gütern tätig bleibt. Mehr als 30 reichhaltige und interessante Briefe berichten von den dortigen Verhältnissen. -
Constantin Rost erweist sich als ein durchaus gebildeter (die langen Briefe sind fehlerlos), ehrgeiziger Mann seines Faches, der in vielen Schreiben seine Erfahrungen, Pläne und Experimente mit Pflanzen anspricht, sich Spezialliteratur beschafft und ständig um Weiterbildung und Erweiterung seines Horizonts bemüht ist - der Grund für seine vielen Ortswechsel. - Mehrere Beilagen, Rosts Lebensgeschichte betreffend, darunter ein (unvollständiger) Antrag auf einen "Heimatschein" mit Lebenslauf Rosts, eine Vollmacht für einen Anwalt und - als eine sehr hübsche Besonderheit - eine ovale Plakette aus Silber (8 x 7 cm), an der ein halbplastischer preußischer Adler aus Messing befestigt ist, darüber die Inschrift: "Garten-Aufseher". - Ferner beiliegend 8 Briefe von Constantins Bruder Reinhold Rost aus London (1848-1849), in mikroskopisch kleiner Schrift und sehr umfangreich. - Der große Brief-Nachlaß Constantin Rosts ist nicht nur eine wertvolle Quelle zur Geschichte des Gartenbaus, sondern in seiner detaillierten Alltags-Beobachtung auch eine kulturhistorische Fundgrube von hohem Wert. - Einige Briefe stark beschädigt oder mit Tesafilm repariert, meist jedoch ohne Textverlust.
Gelehrte. 9 Autographen. 1875-1901.
Meist eigh. Briefe, u. a. von dem Würzburger Indologen Julius Jolly (längerer Brief 1877), dem Romanisten und Anglisten Alfons Kissner, dem Weltumsegler Karl von Scherzer, dem Eisenbahn-Ingenieur Max Maria von Weber (Sohn des Komponisten) sowie den Kunsthistorikern Jakob von Falke und Carl von Lützow.
Humboldt, Alexander von, Naturforscher, Weltreisender (1769-1859). Eigh. Brief m. U. "Al Humboldt". 2 S. Gr. 8vo. Potsdam 22.V.1843.
An einen Gelehrten, der ihm sein Projekt einer Asienreise hatte zukommen lassen. Humboldt beeilt sich, seinen "innigsten Dank für Ihr grosses und schönes Unternehmen darzubringen. Sie füllen dadurch eine Lücke in der Geographie des östlichen Asien auf eine glänzende Weise aus. Die in Peqing 1832 gestochene Johaniter-Carte welche ich in der Asie centrale T III p 59' citirt und für meine kleine Carte benuzt habe ist in Jemand's Händen, der sich eine Freude daraus machen wird, ... jede Frage beantworten zu lassen, die Sie an ihn richten könnten. - Auf das dringendste empfehle ich Ihrem Wohlwollen den überaus gelehrten jungen Mann der Ihnen diese Zeilen bringt. Es ist Dr. Rosen, Bruder des leider verstorbenen berühmten Sanscrit Professors in London. Es muß bei der fabelhaften Varietät Ihrer Gelehrsamkeit Sie freuen, daß endlich einmal ein, mit neuer Sprach Philosophie, mit Sanscrit, den armenischen, türkischen und semitischen Sprachen vertrauter Mann in den Caucasus geschikt wird um dort den germanischen Urstämmen (Osseten, Alanen) nachzuspüren. Nach diesem Zwecke ist, auf solche Weise, noch nicht eine Reise unternommen worden ...". - Mit dem "Sanscrit Professor" ist Friedrich August (Ballhorn-) Rosen (1805-1837) gemeint, der mit Wilhelm von Humboldt befreundet war und bereits in jugendlichem Alter eine Professur in London erhalten hatte. - Beiliegend ein zeitgenöss. Billet von unbekannter Hand, in dem es heißt: "Hr. v. Humboldt trägt mir viele freundschaftliche Empfehlungen für Sie auf u. bittet Sie dringendst ihn von der Soeur Marthe zu erlösen. Es ist ihr ein Medaillon u. 50 Napoléons verheißen u. sie plagt Hrn. von H. grenzenlos mit ihren Bitten. Er wünscht sehr daß die Zahlung durch den Hrn. Grafen Goltz geschehen möchte."
Kant, Immanuel, der große Philosoph (1724-1804). Eigh. Albumblatt m. U. "Immanuel Kant". In latein. Sprache. Quer-schmal-8vo. Königsberg 12.X.1795.
"Quod petis in te est, ne te quaesiveris extra." ("Was du begehrst, ist in dir, suche dich nicht außer dir"). Den Spruch aus Persius' Satiren, den Kant mehrmals in Stammbücher schrieb, verwendete auch schon Alexander Pope im 3. Buch seiner "Dunciad". - Auf der Rückseite mit Bleistift der Vermerk: "Aus J. L. v. Pantzer's Stammbuch". - Beim Datum hat Kant einen Verschreiber ("19" statt "17") durchgestrichen und verbessert.
Laplace, Pierre-Simon Marquis de, franz. Mathematiker, Physiker und Astronom, einer der bedeutendsten Vertreter seines Faches, kurze Zeit franz. Innenminister, dann Mitglied des Senats, Pair von Frankreich (1749-1827). Brief m. U. "cte Laplace". 11/2 S. Folio. Paris 14.III.1810.
An den Grafen Garnier, Präsident des Senats und "titulaire de la senatorie de Limoges". Eingehend über Verkauf und Rückgabe von drei Wiesen im Département des deux Sèvres, Bebauungsfragen etc. - Mäßige Papierschäden durch Feuchtigkeitseinwirkung.
Lehmann (-Hartleben), Karl, dt. Archäologe, Professor in Heidelberg und Münster, emigrierte 1933 nach Italien, dann in die USA, schrieb zahlreiche Veröffentlichungen über römische und griechische Kunst, darunter das Standardwerk "Die antiken Großbronzen", und führte Grabungen in Griechenland durch (1894-1960). Eigh. Brief m. U. "Karl Lehmann" und Umschlag. 4 S. 8vo. Konstantinopel 20.IX.1917.
Aus Lehmanns Militärzeit als Dolmetscher der "U-Boots-Halbflottille der Marine Port Buca" an seinen akademischen Lehrer, den Archäologen Ferdinand Noack in Berlin. "... Ich fülle hier einen interessanten Posten auch militärisch aus, wenn auch nicht so kriegerisch, wie es der Absender glauben machen will, der nur mein Domizil bezeichnet. Ich bin auf einem zu Instruktionszwecken eingerichteten Übersetzungsbüro der Flotte, wo man doch immer das angenehme Gefühl hat, etwas zu leisten, was nicht jeder kann ... Ich bin in diesen ersten 4 Monaten hier im Byzantinismus versunken, erstens wegen der überwältigenden Neuheit der Erscheinungen, die in ihrer sieghaften Menge hier eindringlich zu einem reden ... Zweitens aber, und das ist die Hauptsache, sind die antiken Reste und Funde überaus selten hier, dagegen liegt das schönste byzantinische Gut in jedem Rinnstein. Und da ist es zunächst verfluchte Pflicht und Schuldigkeit von uns, zu sammeln, zu photographieren, zu messen, wo es geht, nach System ... eine Erinnerung zu halten zu den vielen kunsthistorisch und topographisch wichtigen Dingen, die der Zerstörung anheimgegeben sind. Noch dazu kommt, dass ja über byzantinische Kunstgeschichte nicht nur Ravenna, Griechenland ud Kleinasien, Russland und Saloniki zu befragen sind, sondern in erster Linie Konstantinopel, das reich ist an Material für alle Epochen, wenn auch das wenigste bis jetzt mit verständnissvollem Auge angesehen ist. So sammle ich für eine Studie über die byzantinische Kreuzornamentik und vor allen für das Material zu einer Geschichte des mittel- und spätbyzantinischen Kapitells. - Es ist hier ausser mir kein Einziger, der für all das lebhaftes Interesse hätte ...". Berichtet dann über eine ganze Reihe von Kunsthistorikern und Philologen, mit denen er dort in Kontakt stehe, z. T. auch zusammenarbeite, die aber alle nicht das gleiche Interesse aufbrächten wie er. - Der Briefumschlag mit Aufkleber "Militärischerseits unter Kriegsrecht geöffnet. Berlin 1917. Überwachungsoffizier". - Beiliegend 2 zeitgenöss. Fotos antiker Sarkophage.
Linné, Carl von, schwed. Naturforscher, Schöpfer der grundlegenden Systematik der Tiere und Pflanzen (1707-1778). Eigh. Brief ohne Unterschrift, aber mit Adresse und Siegel. In latein. Sprache. 21/4 S. auf 2 Bl. Kl. 4to. Uppsala 20.II.1767.
An den schottischen Arzt und Naturforscher David Skene (1731-1770) in Aberdeen; über Linnés und Skenes Untersuchungen an Würmern, insbesondere den in selbstgefertigten Röhren lebenden Borstenwürmern. Nachdem er sich für einen Brief und "dona rarissima" (darunter eine Schlange) bedankt hat, fährt er fort: "... Optassem magnopere vidisse istos tubos ex arena conflatos, de quibus in hisce ultimis mentionem fecisti, antequam edidissem meos vermes" (er arbeitete gerade an der 12. Auflage seines "Systema naturae"). "Novum systemati introduxi Genus sabella dictum, sub quo militarent hi Tubuli, de quibus apud Authores est silentium. - Tubos istos Tuos posteriores in aquis dulcibus optime novi; sunt autem illi confecti e Lanis Phryganeae et varii ex hisce pulchre a Reaumurio [d. i. der Physiker und Zoologe René Antoine Ferchault de Réaumur] delineati quique toto coelo differunt a Sabellis meis, quas ad Testacea retuli ...". Im Weiteren folgt die Beschreibung eines durch den englischen Biologen John Ellis angeregten Experiments. - Ringsum alt angerändert. - Sehr selten.
"Es ist fast kein einziges Haus mehr bey seinem Credit"
Mendelssohn, Moses, Berliner Philosoph der Aufklärung, u. a. Mit Lessing und Nicolai befreundet (1729-1786). Eigh. Brief m. U. "Moses Mendelssohn" sowie mit Adresse und Siegelspur. Berlin 10.VIII.1767.
An seinen Freund, den Berliner Schriftsteller und Buchhändler Friedrich Nicolai, der sich gerade zu Geschäftszwecken in Danzig aufhielt und dem er wegen einer Bankenkrise davon abrät, Bargeld in Wechseln anzulegen. "Da ich weis, daß Sie zu Danzig sonst für die baare Einnahme Wechsel einzuthun pflegen, so geschihet dieses, Ihnen unmaßgeblich zu rathen, für dises Mal nichts als Baarschaften mitzunehmen. Es ist, seit den letzten großen Falliten in Holland, fast kein einziges Haus mehr bey seinem Credit. Es wird zu Hamburg nichts abgeschrieben, auch vor der Hand nichts protestirt, weil niemand weis, ob er bezahlen kan, oder nicht. Die Verwirrung ist allgemein, und die Banquiers, die sonst den Neid aller übrigen Stände erregt hatten, erregen itzt ein allgemeines Mitleiden. Es leben die Berlokenbüchlin! So schlecht sie auch seyn mögen, sind sie jetzt doch besser als manche Wechsel ... Wenn zu den 16 Banquerouten, die sich schon geäußert haben, noch 16 hinzukommen; so ist der 33te ganz gewiß Ihr Freund Moses Mendelssohn." - "Berlockenbüchlein" waren die winzig kleinen Miniaturbücher, die zu Nicolais Verlagsprogramm gehörten, als Geschenkartikel für Damen beliebt waren und für Nicolai einen durchaus nicht zu verachtenden Umsatz-Faktor bedeuteten, auch wenn sie bei der Literaturkritik keinen Beifall fanden. - Schöner Brief von bleibender Aktualität.
Schliemann, Heinrich, Archäologe, Entdecker Trojas und der Königsgräber von Mykenä (1822-1890). Brief m. U. "H. Schliemann". In ital. Sprache. 1 S. Gr. 8vo. Athen 5.I.1882.
An den Orientalisten Eugen Prym (1843-1913), Professor für arabische Sprachen an der Universität Bonn. Über gegenseitige Neujahrsglückwünsche und Schliemanns neueste Veröffentlichungen. "... Spero che avrete riceonto da Brockhaus li miei ultimi due opusculi 'Orchimenos' e 'Biggio in Troade' [Reise in der Troas] Senon scrivetemi una carta di posta acciocchè io possa mandaruele. Desidero molto di vederci ma non c'è operanza per me di venire in Germania questanno essendo occupatissimo coll'edizione francese della mia opera Ilios e dovendo continuare il primo di Marzo gli scavi di Troja ...". - Beiliegend 5 Zeitungsartikel über Schliemann.
Schweitzer, Albert, Urwald-Arzt, Theologe, Musiker, Philanthrop, Träger des Friedensnobelpreises und zahlloser weiterer Auszeichnungen (1875-1965). Typoskript mit sehr zahlreichen eigenhändigen Verbesserungen, Streichungen und Zusätzen. (Tinte). 105 Bl., einseitig beschrieben und eigenhändig nummeriert. In der linken oberen Ecke gelocht und mit Bindfaden lose geheftet. Gr. 4to. (Wohl um 1954).
"Correkturexemplar". Wohl der umfangreiche dritte Teil des Buches "Briefe aus Lambarene", das 1955 erschien und eine Neuausgabe der 1925-1928 gedruckten drei Hefte "Mitteilungen aus Lambarene 1924-1927" darstellt. Die Kapitel heißen "I. Spätherbst und Winter 1925. Auf dem Bauplatz", "II. ... Im Spital", "III. Das Jahr 1926. Auf dem Bauplatz", "IV. ... Im Spital". Mehr als 60 Seiten des Typoskripts sind von Schweitzers Hand mit kleinen "Rand-Überschriften" sowie mit zahlreichen Verbesserungen, Zusätzen und Streichungen versehen. Die Abschnitt-Überschriften am Rand lauten z. B.: "Das Niederlegen des Waldes. Andauernde Hungersnot", "Das Anlegen der Pflanzung des Spitals", "Das Pfahlbaudorf aus Wellblechbaracken" oder "Die Dysenterieepidemie im Operationssaal". Schweitzer geht sehr sorgfältig mit dem Text um, bezeichnet Absätze und ist überall bemüht, Begriffe zu präzisieren und zu optimieren. Angreifbare Aussagen werden abgeschwächt oder ganz geändert. Seite 29 hieß es ursprünglich: "Warum Pfahlbauten? Das Spital kommt längs des Flusses zu liegen. Es muss in der Nähe des Wassers gebaut sein, damit die Leute ihre Canoes im Auge haben können und aller Unrat ins Wasser geworfen werden kann." Schweitzer verbessert: "... gebaut sein, weil die Eingeborenen gewohnt sind, in der Nähe des Wassers zu hausen. Auch wollen sie die Canoes im Auge haben können." Von Unrat ist keine Rede mehr. Seite 80 hieß es ursprünglich: "Anfangs glauben wir, Schwarze zu Anstreichern heranbilden zu können. Ihre Hauptleistung besteht aber darin, dass sie die wenigen Pinsel, die wir besitzen, mit Virtuosität ruinieren. Bekommt ein Schwarzer einen Pinsel in die Hand, so hat dieser nach zwei Tagen keine Haare mehr." Hier ist "ein Schwarzer" in "ein Primitiver" geändert. Schweitzers Sprache ist naturgemäß noch oft die der Kolonialzeit, mit Bezeichnungen, die teilweise heute einen Sturm politisch korrekter Entrüstung entfachen würden. - Im Auktionshandel ist ein Typoskript/Manuskript dieses Umfangs, zumal autobiographisch, seit Jahrzehnten nicht vorgekommen. - Anfangs- und Schlußblätter mit Randläsuren, sonst ordentlich erhalten.
Virchow, Rudolf, Pathologe und Sozialpolitiker, einer der prominentesten Ärzte des 19. Jhdts (1821-1902). Eigh. Manuskript m. U. "Rud. Virchow". 13/4 S. Gr. folio. (Berlin, nach 1876).
Recht umfangreicher begleitender Text zu einem illustrierten Werk über die Schädellehre. Virchow beschreibt ausführlich Merkmale von Schädeln anhand archäologischer Funde, die auf 9 Tafeln abgebildet werden sollen. "Aus der großen Zahl menschlicher Schädel, welche aus dem Leichenfeld von Ancón durch die Herren Reiss u. Stübel geborgen worden sind, wurden drei zur Abbildung ausgewählt. Die Tafeln 108-116 geben sie in natürlicher Größe u. in der besonderen Stellung, welche durch die Umgebungen hervorgebracht worden sind, wieder ...". Am Schluß heißt es: "... Man ersieht daraus, daß auch die Gesichtsknochen von gewissen Verschiebungen nicht verschont geblieben sind ... Die Vergleichung der beiden Schnitte unter einander legt den Fortschritt der Verunstaltung in augenfälliger Weise dar." - Mit diversen Verbesserungen von Virchows Hand. - Der Geologe Wilhelm Reiß und der Vulkanologe Moritz Alphons Stübel hatten von 1868 bis 1876 eine Expedition durch Südamerika unternommen, auf der sie auch das Gräberfeld von Ancón in Peru erforscht hatten.
- Eigh. Brief m. U. "R. Virchow". 1 S. Gr. 8vo. Berlin 6.XII. 1897.
An einen Kollegen. "... Es soll halt nicht sein! Am Sonnabend dem 18ten Dezbr hält die Anthropologische Gesellschaft um 7 Uhr ihre regelmäßige Monatssitzung, dießmal die letzte des Jahres u. meines Präsidiums. Ich habe statutengemäß den Verwaltungsbericht für das abgelaufene Jahr zu erstatten. - Ihre Frau Gemahlin, deren große Freundlichkeit wir lebhaft empfinden, wird uns daher entschuldigen müssen. Wir haben hier die Flüchtlinge aus Prag, meine noch immer tief ergriffene Tochter, mit ihren Kindern; dieses Hinderniß würde an sich schwer zu überwinden sein ...".
Zeppelin, Ferdinand Graf von
Porträtfoto-Karte 1909 mit Widmung
Los 2115
Zuschlag
950€ (US$ 1,022)
Zeppelin, Ferdinand Graf von, Ingenieur, Erfinder des lenkbaren Luftschiffs (1838-1917). Porträtfoto-Postkarte (Druck) mit eigh. Widmung auf der Bildseite. Schloß Girsberg (Kreuzlingen), Okt. 1909.
"Zur freundlichen Erinnerung an den Aufenthalt in Girsberg im October 1909 Ihr Ihnen in freundschaftlicher Gesinnung treu ergebener Vetter Gf. Zeppelin". - Die Aufnahme (Brustbild) des Stuttgarter Hofphotographen Hermann Brandseph zeigt den Grafen in Zivil, mit (vom Betrachter aus) halb nach rechts gewendetem Kopf. - Schloß Girsberg war Eigentum des Grafen; 1908 hatte er dort seinen 70. Geburtstag gefeiert. - Minimal stockfleckig. - Beiliegend ein Privat-Foto (10,3 x 7,9 cm), das den Grafen Zeppelin im Garten von Girsberg (?) zeigt, "Händchen haltend" mit seiner Gemahlin Isabella (um 1910).
"das flotte Wien und das urspießbürgerliche Schwabenland"
Bamberger, Ludwig, nationalliberaler Politiker und Publizist, nach 1848 in Abwesenheit zum Tode verurteilt, Bankier in Paris, 1871-1893 Mitglied des dt. Reichstags, bekämpfte Bismarcks Schutzzoll- und Kolonialpolitik (1823-1899). 4 eigh. Briefe und 1 eigh. Postkarte m. U. "L Bamberger". Zus. 101/2 S. 8vo und gr. 8vo. 1872-1893.
An den ihm befreundeten Publizisten und Historiker Dr. Wilhelm Lauser (1836-1902) in Wien, Redakteur des "Neuen Wiener Tagblattes". Charmante oder informative Briefe zu verschiedenen Themen. Aus Wiesbaden schreibt er am 2. Dezember 1874, er habe durch einen Freund vom Wohlergehen Lausers erfahren. "... Durch diese Vermittlung wissen Sie, daß es umgekehrt bei uns aussieht. Uns hat das Leben seine Nachtseite in ihrer schwärzesten Schattirung zugekehrt. Meine arme Frau ist in der traurigsten Körperverfassung. Ich habe nur die Aufgabe dieses unbeschreibliche Elend so weit das durch tröstenden Beistand möglich ist, zu lindern. - Sie dürfen sich nicht wundern, wenn ich Ihnen nichtsdestoweniger einl. ein Pendant zu Vict. Hugo ad Rich. Wagner schicke. Die Natur muß ihr Recht haben. Als ich las, daß Jul. Rodenberg, Hans Hopfen u. Paul Lindau einen Dichterkongreß an den 'Altar der Unsterblichkeit' einberiefen, um mit der Pflege der idealen Güter der Nation dem materialistischen Zeitgeist entgegenzutreten, hielt ich das für die Erfindung eines Doppelgängers von mir. Es ist aber blutige Wahrheit ...". - Am 28. Juli 1876 schreibt er aus Interlaken. "... Seit denselben 8 Tagen sitze ich hier auf dem Tusculum, das ich mir vorigen Herbst in etwas romanhafter Weise gekauft habe. Ich sprach Ihnen glaube ich nicht davon, weil ich so das Gefühl hatte, ich hätte einen dummen Streich gemacht. Nun finde ich aber daß die Sache ganz ausgezeichnet passend u. lieblich ist, bin schon ganz zu Hause, un vrai propriétaire. Das freut mich doppelt 1) wegen der Sache u. 2) wegen des Urhebers der ohnehin Dummheiten genug mit sich zu verrechnen hat ...". - Am 8. Januar 1893 zeigt er sich überrascht, daß Lauser von Wien nach Stuttgart wechseln will: "... Ich begreife sehr wohl, daß die sichere Basis einer breiten Existenz Sie unwiderstehlich lockte. Ihre Damen werden das sehr harte Opfer ... mit dieser Erwägung überwinden müssen. Leicht wird es nicht gehen: das flotte Wien und das urspießbürgerliche Schwabenland. A hard case! Wie wird es mit Ihrem Kunstblatt werden? Ich bin recht begierig, wie sich Ihr Leben in Stuttgart gestalten wird. Einige gute Elemente sind schon vorhanden. Auf alle Fälle denke ich werden wir uns öfter sehen als bisher ...". - Mit dem "Kunstblatt" ist die Wochenzeitschrift "Allgemeine Kunstchronik" gemeint, die Lauser seit 1885 herausgab.
Berlin siehe Nr 2157
Bismarck und das Bier
Bismarck, Otto Fürst von, preuß. Politiker, Reichskanzler, Begründer des Deutschen Kaiserreiches (1815-1898). Eigh. Brief m. U. "v Bismarck" und eigh., gesiegeltem Umschlag. 11/2 S. Gr. 8vo. St. Petersburg 5.XI.1861.
Als preußischer Gesandter in St. Petersburg an Herrn Levinstein, Direktor der Aktienbrauerei Tivoli in Berlin. Beschwert sich bei Levinstein, der offenbar Bismarcks "Hoflieferant" für Bier war, über die mangelnde Haltbarkeit der letzten Lieferung. "... Bei derselben Behandlung in demselben Keller dauerte erstres über Jahr u Tag in vortrefflichem Zustande, während das letzte, nachdem es 4 Monat ... gelegen, sich jetzt bei meiner Rückkehr als säuerlich erweist, etwas trübe, und übertrieben schäumend; es schmeckt ähnlich wie nicht ganz gutes englisches pale ale. Ich bedaure bei der vorgerückten Jahreszeit nicht neuen Winterbedarf beziehen zu können ...".
"against the encroachments of pretended spiritual authority"
- Brief m. U. "v Bismarck" sowie mit frankiertem und gesiegeltem Umschlag. In engl. Sprache. 21/2 S. Berlin 3.I.1874.
Auf dem Höhepunkt des Kulturkampfes verfaßter, historisch bedeutsamer Brief an Reverend Thomas Russell in Upper Norwood (England), der an Bismarck geschrieben und ihn in seiner antikatholischen Politik bestärkt hatte. Der Reichskanzler erläutert und begründet noch einmal sein politisches Vorgehen, indem er sich ausdrücklich bedankt für das Schreiben, "expressing the sympathy of the Protestant Association with that policy which by command of His Majesty the Emperor, my most gracious Sovereign, I am pursuing in defending the rights of the Crown, of the national independence, good order of Government and liberty of conscience against the encroachments of pretended spiritual authority. The moral support of the numerous and influential body of Englishmen which you represent will be most valuable in the conflict with an organization overspreading the whole globe. I am particularly gratified that you so correctly appreciate the character of the present struggle by comparing it to the war of 1870. Now as then, what Germany is fighting for is to secure peace and that moral and political independence, no nation can exist without ...". - Als der Papst versucht hatte, sich in die deutsche Innenpolitik einzumischen und liberale Gesetzesänderungen wie die Einführung der Zivilehe, die Trennung von Kirche und Staat sowie von Kirche und Schulaufsicht etc. zu verhindern, ging Bismarck mit wachsender Schärfe gegen die katholische Kirche vor, so daß 1878 bei Beendigung des Konflikts rund 1800 Priester zeitweilig in Gefängnishaft gewesen waren. Im Jahr des vorliegenden Briefes verübte ein katholischer Handwerker ein (mißglücktes) Attentat auf Bismarck. - Leicht fingerfleckig; die Querfalten eingerissen; der Umschlag angestaubt.
Vom Berliner Kongreß
- Eigh. Antwort auf eine an ihn gerichtete Frage des Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst. 2 Zeilen (Bleistift) auf 1 Schriftseite (Tinte). Gr. 4to. (Wohl Berlin 1878).
Sicherlich ein Notizblatt vom Berliner Kongreß, der vom 13. Juni bis 13. Juli 1878 dauerte und den Bismarck als "ehrlicher Makler" leitete. Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst legte Bismarck einen Zettel mit der Frage vor: "Soll ich meinen Bericht vorher verlesen (über die asiatische Grenze)?" Bismarck antwortet: "nur erklären daß Einverständniß erreicht, wird wohl genügen". Doch er bekam den Zettel mit einer weiteren Bemerkung Hohenlohes zurück: "Salisbury wird wohl die Verlesung vorabkommend verlangen, damit es in das Protokoll kommt." Robert Gascoyne-Cecil, 3. Marquess of Salisbury (1830-1903) war in diesem Jahr britischer Außenminister geworden. Für seine Verdienste um den Berliner Kongreß erhielt er den Hosenband-Orden. - Beiliegend ein amerikanischer Stahlstich (nach 1870) mit Bismarcks Porträt und Handschrift-Faksimile nach einem Gemälde von Alonzo Chappel (24,8 x 20 cm).
- Brief (Billet) m. U. "v Bismarck". 2/3 S. Gr. 8vo. Friedrichsruh 22.III.1898.
Einige Monate vor seinem Tod an eine Dame, der er für ihren "freundlichen Glückwunsch und die ihn begleitenden Getränke" dankt. - Etwas unfrisch; am Rand und Rückseitig Montage-Spuren. - Dabei: Johanna von Bismarck, geb. von Puttkamer, seine Gemahlin (1824-1894). 2 eigh. Briefe m. U. "J v Bismarck". Zus. 3 S. gr. 8vo. Frankfurt a. M. o. D. bzw. 16.XII.1852. - Aus Bismarcks Zeit als preußischer Gesandter am Bundestag in Frankfurt. Einladungen an Frau Pastorin Heitz zu Hauskonzerten bei Bismarcks. "Die Gebr. Müller spielen wieder um 11 Uhr bei uns, üben sich zu morgen Abend - wollen Sie wieder zu uns kommen, ... so freue ich mich herzlich. - Ich soll ein Quartett von Beethoven kennen lernen, was morgen nicht gespielt wird ["Mont. früh", ohne Datum] ... Sie haben uns gestern unsere Bitte abgeschlagen, - wollten Sie vielleicht heute darauf eingehen? Um 11 Uhr (Vormittags) werden die Gebrüder Müller ihr heutiges Abendconcert bei uns probiren ... Ich denke, Sie sind eine große Musik Freundin, und da Ihr Herr Gemahl Abends nicht ausgehen darf, so ist Ihnen die frühe Stunde vielleicht ganz angenehm ... Wir sind ganz allein, nur Hr. u. Frau von Eisendecher, als große Kunstfreunde werden dem Conzert beiwohnen ..." [16.XII.1852]. - Die Brüder Karl, Gustav, Theodor und Georg Müller, alle vier aus der Braunschweiger Hofkapelle, bildeten ein berühmtes Streichquartett, das auf Gastspielreisen große Erfolge feierte. Wilhelm von Eisendecher, der als Vertreter Oldenburgs in Frankfurt weilte, und seine Familie waren mit Bismarcks eng befreundet; auch der Sohn Karl, Diplomat und Vizeadmiral, hielt Bismarck, selbst gegen Wilhelm II., lebenslang die Treue.
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